Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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einzelnen Kassen abgesehen, nicht kostendeckend." Die Rentnerversicherung ge 
hörte daher auch zu den Punkten, in denen die Richtigkeit der Argumentation der 
Ortskrankenkassen nachträglich anerkannt wurde. Zwar wurde das Problem nicht 
auf dem in der französischen Zone eingeschlagenen Weg der Einheitskrankenversi 
cherung gelöst, de facto die Last aber ähnlich verteilt, als 1956 die Rentnerkranken 
versicherung allen Trägern der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen wurde. 
Die relativ höhere Belastung der Ortskrankenkassen verschwand zwar nicht, doch 
verringerte sich der Abstand zu den Sonderkassen. 
Quantitativ weniger bedeutend, qualitativ aber in der gleichen Weise stellte sich das 
Problem des Lastenausgleichs bei der Krankenversicherung der Kriegshinterbliebe 
nen. 1939 im Vorfeld des Krieges als „Führergeschenk“ zu Hitlers Geburtstag einge 
führt, wurde sie nach dem Krieg in die „Entmilitarisierung“ der deutschen Versor 
gungsverwaltung einbezogen und in den anderen Zonen abgeschafft. 24 Allein in 
Baden und Rheinland-Pfalz blieb, regional unterschiedlich, die alte Regelung insge 
samt bestehen oder wurde durch ähnliche Bestimmungen ersetzt; 25 Württemberg- 
Hohenzollera übernahm 1945 das Verfahren der amerikanischen Zone und stellte 
diese Zahlungen ein. In den anderen Zonen stellte nur Nordrhein-Westfalen die 
nicht selbst versicherten Kriegshinterbliebenen den Rentnern gleich. Wie Tabelle 13 
zeigt, ergab sich hier strukturell eine ähnliche Mehrbelastung der Einheitsversiche 
rung wie bei den Rentnern. Auch dieses Problem wurde nach Gründung der Bundes 
republik gelöst, indem diese Last mit dem Bundesversorgungsgesetz (§ 28 BVG) 1950 
auf den Staat überging, soweit die Betroffenen nicht von ihrem Recht auf freiwillige 
Weiterversicherung Gebrauch machten oder nach 363a RVO versichert blieben. 
Die Auswirkungen der Rücknahme der Reform von 1946 auf die Mitgliederstruktur 
werden besonders deutlich bei einem Blick auf die Sonderkassen selbst. Im April 
13 Vgl. auch Tätigkeitsbericht des Verbandes der Ortskrankenkassen für die Länder Rheinland- 
Pfalz, Baden und Württemberg-Hohenzollern 1951-1953, S. 13 ff.; VdO Lahr. Detaillierte 
Statistik nach Leistungen und Ländern für 1949 in VdO-Rundbrief an die Kassen in Rhein 
land-Pfalz 15/1950; Archiv AOK Trier. Laufende Statistiken in den Rundbriefen 1951, ebd. 
Detaillierte Darstellung am Beispiel einer Kasse in: AOK Freiburg, Denkschrift zur Kran 
kenversicherung der Rentner und Kriegshinterbliebenen, 30. 10. 1950; StA FR A 7 (1981/27) 
4211. Die Landesversicherungsanstalt zahlte den Ortskrankenkassen in Baden für Rentner 
seit 1948 einen Monatsbeitrag von DM 3,30, für Kriegshinterbliebene DM 2,50 und für 
Zusatzversicherte (Kinder und Eltern von Kriegshinterbliebenen) DM —,50; bis 1948 lagen 
die Beiträge noch darunter und wurden in einzelnen Fällen auch erst nach längeren Ausein 
andersetzungen gezahlt. Rheinland-Pfalz senkte die Sätze 1948 rückwirkend zum 1. 7. 1946; 
Landesverordnung in GVB1. 1948, 25. 10. 1948, Schriftverkehr in LHA KO 860/3595. Die 
AOK Freiburg schätzte die Krankheitshäufigkeit bei Rentnern doppelt so hoch wie bei den 
anderen Versicherten ein. Selbst für 1978 noch schätzte das Institut der deutschen Wirt 
schaft, daß die seit Gründung der Bundesrepublik regelmäßig erhöhten, zu diesem Zeitpunkt 
11% der Renten betragenden Rentenkrankenversicherungsbeiträge „nur etwa 55% der ge 
samten Leistungsangaben für Rentner“ deckten; Buttler u. a., S. 85 ff. 
24 Vgl. unten S. 398. 
25 Z. B. wurden die Kriegshinterbliebenen in Rheinland-Pfalz durch Erlaß des Arbeitsministe 
riums vom 11.3. 1948 zu Mitgliedern der AOK erklärt. Hierzu und zum Recht auf Weiterver 
sicherung s. Protokoll einer Tagung der AOK-Geschäftsführer von Rheinland-Pfalz, 
27. 5. 1952; VdO Lahr Altreg. Az. 1830.
	        
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