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Rentenerhöhung auf Oktober zu verschieben, entgegen dem Gesetzestext weiterhin
Gelder der Arbeitslosenversicherung für die Rentenversicherung heranzuziehen, auf
die Beitrags-Neuregelung mit der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge
daher zu verzichten und schließlich die Angestellten- zu einem Kredit für die Arbei
terrentenversicherung zu verpflichten. 75 Dennoch reichten die Mittel nicht aus. So
blieb Rheinland-Pfalz nur der Weg nach Bonn, um die Finanzierung im Rahmen des
Finanzausgleichs aller Landesversicherungsanstalten im Bundesgebiet sicherzustel
len. 76 *
In Baden wurden bereits ohne die Genehmigung der Militärregierung mit Wirkung
vom 1. August die erhöhten Renten gezahlt. Die Freiburger Militärregierung, die
dies schon rasch ahnte, wußte zunächst nicht recht, wie zu reagieren sei, während
Baden-Baden in scharfem Ton sofortiges Einschreiten verlangte. 17 Dies war leichter
gesagt als in der Praxis getan; die Militärregierung verhinderte zwar eine Nachzah
lung für Juni/Juli, nicht jedoch Zahlungen ab August. 78 Ob die Landesmilitärregie
rung hier den politischen Skandal fürchtete oder aber, wie in der Kriegsopferfrage,
die Dinge laufen ließ, weil die Arbeitsoffiziere die Rentenerhöhung für sachlich
richtig hielten, geht aus den Akten nicht hervor.
Auf den Vorstoß von Rheinland-Pfalz beim Bundesarbeitsministerium hin fand am
4. Oktober 1949 eine Besprechung der drei Arbeitsminster der französischen Zone
mit Bundesarbeitsminister Storch statt. Dieser forderte für eine Beteiligung der drei
Länder am Finanzausgleich auf Bundesebene im Gegenzug jedoch die vollständige
Angleichung der südwestdeutschen Sozialversicherungs-Anpassungsgesetze an die
inzwischen vom Bund übernommenen Anpassungsgesetze des Wirtschaftsrates für
die Renten-, Unfall- und Knappschaftsversicherung. Rheinland-Pfalz, das die größ
ten Finanzprobleme hatte, stimmte sofort zu, während die beiden anderen Länder
zwar für die Knappschafts- und Unfall-, nicht jedoch für die Rentenversicherung die
Ausdehnung des Bundesrechtes akzeptierten. In den folgenden Verhandlungen auf
Referentenebene stellten Baden und Württemberg-Hohenzollern zunächst fest, daß
auch ihre Länder von der Einbeziehung in die Gemeinlast finanziell beträchtlich
profitieren würden. Um beiden Ländern die Aufgabe ihres Widerstandes schmack
haft zu machen, 79 ordnete der im Bundesarbeitsministerium zuständige Ministerial
5 Letzteres durch Landesverordnung über die Aufbringung der Mittel für die Ausgaben der
Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 30. 9. 1949, GVB1. 1949, S. 579; Schriftver
kehr in AdO Colmar RLP C. 899/3-43-5.
Dem Land oblagen nach der Bizonenregelung nur die Zuschüsse für die Grundrenten,
während Defizite der Steigerungsbeiträge im Wege des Finanzausgleichs aufgebracht wur
den. Detaillierte Darstellung mit genauen Zahlen zur Entwicklung in Rheinland-Pfalz und
zu den Verhandlungen mit dem Bundesarbeitsministerium in mehreren Vermerken der
zuständigen Besatzungsoffiziere, bes. 5. l.u. 12. 1. 1950; AdO Colmar RLPC. 899/3-43-6.
Telegrammkorrespondenz Freiburg - Baden-Baden, zweite Julihälfte, in AdO Colmar Bade
2414/7.
Dies geht hervor aus einem Protest des Badischen Gewerkschaftsbundes an die Landesregie
rung vom 23. 11. 1949, es stehe immer noch die Nachzahlung für Juni/Juli aus; StA FR
A 2/8501. Vgl. Auszug aus Protokoll der Sitzung der Landesregierung, 24. 8. 1949, StA FR
A7 (1956/5)920.
Vgl. die zusammenfassende Darstellung in Schreiben von Arbeitsminister Wirsching an
Staatspräsident Müller, 27. 11. 1949; StA SIG Wü 2/1755.