Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

359 
Rentenerhöhung auf Oktober zu verschieben, entgegen dem Gesetzestext weiterhin 
Gelder der Arbeitslosenversicherung für die Rentenversicherung heranzuziehen, auf 
die Beitrags-Neuregelung mit der Senkung der Arbeitslosenversicherungsbeiträge 
daher zu verzichten und schließlich die Angestellten- zu einem Kredit für die Arbei 
terrentenversicherung zu verpflichten. 75 Dennoch reichten die Mittel nicht aus. So 
blieb Rheinland-Pfalz nur der Weg nach Bonn, um die Finanzierung im Rahmen des 
Finanzausgleichs aller Landesversicherungsanstalten im Bundesgebiet sicherzustel 
len. 76 * 
In Baden wurden bereits ohne die Genehmigung der Militärregierung mit Wirkung 
vom 1. August die erhöhten Renten gezahlt. Die Freiburger Militärregierung, die 
dies schon rasch ahnte, wußte zunächst nicht recht, wie zu reagieren sei, während 
Baden-Baden in scharfem Ton sofortiges Einschreiten verlangte. 17 Dies war leichter 
gesagt als in der Praxis getan; die Militärregierung verhinderte zwar eine Nachzah 
lung für Juni/Juli, nicht jedoch Zahlungen ab August. 78 Ob die Landesmilitärregie 
rung hier den politischen Skandal fürchtete oder aber, wie in der Kriegsopferfrage, 
die Dinge laufen ließ, weil die Arbeitsoffiziere die Rentenerhöhung für sachlich 
richtig hielten, geht aus den Akten nicht hervor. 
Auf den Vorstoß von Rheinland-Pfalz beim Bundesarbeitsministerium hin fand am 
4. Oktober 1949 eine Besprechung der drei Arbeitsminster der französischen Zone 
mit Bundesarbeitsminister Storch statt. Dieser forderte für eine Beteiligung der drei 
Länder am Finanzausgleich auf Bundesebene im Gegenzug jedoch die vollständige 
Angleichung der südwestdeutschen Sozialversicherungs-Anpassungsgesetze an die 
inzwischen vom Bund übernommenen Anpassungsgesetze des Wirtschaftsrates für 
die Renten-, Unfall- und Knappschaftsversicherung. Rheinland-Pfalz, das die größ 
ten Finanzprobleme hatte, stimmte sofort zu, während die beiden anderen Länder 
zwar für die Knappschafts- und Unfall-, nicht jedoch für die Rentenversicherung die 
Ausdehnung des Bundesrechtes akzeptierten. In den folgenden Verhandlungen auf 
Referentenebene stellten Baden und Württemberg-Hohenzollern zunächst fest, daß 
auch ihre Länder von der Einbeziehung in die Gemeinlast finanziell beträchtlich 
profitieren würden. Um beiden Ländern die Aufgabe ihres Widerstandes schmack 
haft zu machen, 79 ordnete der im Bundesarbeitsministerium zuständige Ministerial 
5 Letzteres durch Landesverordnung über die Aufbringung der Mittel für die Ausgaben der 
Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten, 30. 9. 1949, GVB1. 1949, S. 579; Schriftver 
kehr in AdO Colmar RLP C. 899/3-43-5. 
Dem Land oblagen nach der Bizonenregelung nur die Zuschüsse für die Grundrenten, 
während Defizite der Steigerungsbeiträge im Wege des Finanzausgleichs aufgebracht wur 
den. Detaillierte Darstellung mit genauen Zahlen zur Entwicklung in Rheinland-Pfalz und 
zu den Verhandlungen mit dem Bundesarbeitsministerium in mehreren Vermerken der 
zuständigen Besatzungsoffiziere, bes. 5. l.u. 12. 1. 1950; AdO Colmar RLPC. 899/3-43-6. 
Telegrammkorrespondenz Freiburg - Baden-Baden, zweite Julihälfte, in AdO Colmar Bade 
2414/7. 
Dies geht hervor aus einem Protest des Badischen Gewerkschaftsbundes an die Landesregie 
rung vom 23. 11. 1949, es stehe immer noch die Nachzahlung für Juni/Juli aus; StA FR 
A 2/8501. Vgl. Auszug aus Protokoll der Sitzung der Landesregierung, 24. 8. 1949, StA FR 
A7 (1956/5)920. 
Vgl. die zusammenfassende Darstellung in Schreiben von Arbeitsminister Wirsching an 
Staatspräsident Müller, 27. 11. 1949; StA SIG Wü 2/1755.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.