349
Planungen zur Erhöhung der - im wahrsten Sinne des Wortes - Hungerrenten hatten
auch in der französischen Zone schon bald nach der Währungsreform eingesetzt. Als
der Bizonenentwurf auf den Widerspruch des BICO traf, beschlossen die Arbeitsmi
nister der französischen Zone zunächst Ende Januar 1949, zwar Entwürfe für die
Rentenerhöhung auszuarbeiten, gesetzgeberische Schritte jedoch bis zur Klärung
der Situation in der Bizone zurückzustellen. 20
Rheinland-Pfalz hielt sich daran nicht. Hier hatte der Landtag die Regierung
Ende 1948 zu einer Erhöhung der Renten aufgefordert, 21 und im Februar 1949 legten
CDU und SPD gemeinsam einen Entwurf vor, demzufolge die Renten wie in den
Bizonenplanungen erhöht werden sollten. 22 Beide Anträge bezogen sich jedoch nur
auf eine Erhöhung der Leistungen und sahen keine strukturellen Verbesserungen
vor. Das für die Bearbeitung zuständige Arbeitsministerium geriet nun zwischen
sämtliche Fronten. Die Militärregierung erklärte dem Ministerium in Übereinstim
mung mit der Position des Bizonenkontrollamts, sie begrüße zwar, daß der Entwurf
nicht wie in der Bizone unter dem Deckmantel der Rentenanpassung eine Reform
des Systems unternehme, könne ihn aber nur genehmigen, wenn dem Land keine
höheren Lasten erwüchsen. In der Praxis hieß dies: Verringerung der geplanten
Erhöhungssätze, Wegfall der Mindestrentenregelung und Beibehaltung der Zu
schüsse der Arbeitslosenversicherung für die Arbeiterrentenversicherung. 23 Hinter
grund war, daß Rheinland-Pfalz sich mit Hinweis auf seine prekäre Haushaltslage
inzwischen weigerte, die Besatzungskosten zu bezahlen. 24 Da mit diesen Auflagen
eine Genehmigungszusage verbunden war und die politischen Auseinandersetzun
gen um das SVAG im Wirtschaftsrat auch für die französische Zone schwierige
Debatten erwarten ließen, 25 schlug das Ministerium - um eine rasche Erhöhung der
Renten bemüht - zunächst vor, die Forderungen zu akzeptieren und eine Gesamtre
form erst später auszuarbeiten. 26
Nun schalteten sich jedoch die Gewerkschaften ein und forderten mit einem eigenen
Entwurf nicht nur die Erhöhungssätze der Bizone, sondern auch die gleichen struk
turellen Änderungen zur Anpassung der Invalidenversicherung zur Angestelltenversi
Protokoll der Arbeitsministerkonferenz in Talmühle/Gimmeldingen, 31. 1. 1949; LHA KO
930/4760 u. StA FR A 7 (1981 /27) 4021.
LT RLP, CDU-Antrag Dr. II 749, 15. 12. 1948, im Plenum am 16. 12. einstimmig angenom
men; vgl. auch in AdO Colmar C. 899/3-43-2 eine Materialsammlung zu den Erhöhungsfor
derungen im Dezember 1948.
22 LT RLP Dr. II 856, o. D. (Anfang Februar 1949); Schriftverkehr in LTA RLP II 856, LHA
KO 860/4096 u. 996/2, AdO Colmar RLPC. 899/3-43-2.
Aktenvermerk des Koblenzer Sachbearbeiters Stein über Besprechung mit Sozialversiche
rungsoffizier Wetta in Baden-Baden, 26. 2. 1949, sowie mehrere Vermerke der französischen
Arbeitsoffiziere in AdO Colmar C. 899/3-43-2.
Genaue Zahlenangaben durch Finanzminister Hoffmann in gemeinsamer Sitzung des Sozi-
alpolit. mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuß, 31. 5. 1949, Protokoll in LTA RLP.
So Arbeitsminister Bökenkrüger rückblickend am 1.6. 1949 im Koblenzer Landtag; Sten.
Prot., S. 1560.
Auszug aus Ministerratsprotokoll, 2. 3. 1949; LHA KO 860/996/2. Protokoll des Sozialpolit.
Ausschusses, 14. 3. 1949; LTA RLP. Text der Ministerialvorlage sowie Schreiben von Thi-
bault an das Generalsekretariat von General Koenig, 13. 4. 1949, mit ausführlicher Darstel
lung des ganzen Konfliktes, in AdO Colmar RLP C. 899/3-43-2.