Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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Planungen zur Erhöhung der - im wahrsten Sinne des Wortes - Hungerrenten hatten 
auch in der französischen Zone schon bald nach der Währungsreform eingesetzt. Als 
der Bizonenentwurf auf den Widerspruch des BICO traf, beschlossen die Arbeitsmi 
nister der französischen Zone zunächst Ende Januar 1949, zwar Entwürfe für die 
Rentenerhöhung auszuarbeiten, gesetzgeberische Schritte jedoch bis zur Klärung 
der Situation in der Bizone zurückzustellen. 20 
Rheinland-Pfalz hielt sich daran nicht. Hier hatte der Landtag die Regierung 
Ende 1948 zu einer Erhöhung der Renten aufgefordert, 21 und im Februar 1949 legten 
CDU und SPD gemeinsam einen Entwurf vor, demzufolge die Renten wie in den 
Bizonenplanungen erhöht werden sollten. 22 Beide Anträge bezogen sich jedoch nur 
auf eine Erhöhung der Leistungen und sahen keine strukturellen Verbesserungen 
vor. Das für die Bearbeitung zuständige Arbeitsministerium geriet nun zwischen 
sämtliche Fronten. Die Militärregierung erklärte dem Ministerium in Übereinstim 
mung mit der Position des Bizonenkontrollamts, sie begrüße zwar, daß der Entwurf 
nicht wie in der Bizone unter dem Deckmantel der Rentenanpassung eine Reform 
des Systems unternehme, könne ihn aber nur genehmigen, wenn dem Land keine 
höheren Lasten erwüchsen. In der Praxis hieß dies: Verringerung der geplanten 
Erhöhungssätze, Wegfall der Mindestrentenregelung und Beibehaltung der Zu 
schüsse der Arbeitslosenversicherung für die Arbeiterrentenversicherung. 23 Hinter 
grund war, daß Rheinland-Pfalz sich mit Hinweis auf seine prekäre Haushaltslage 
inzwischen weigerte, die Besatzungskosten zu bezahlen. 24 Da mit diesen Auflagen 
eine Genehmigungszusage verbunden war und die politischen Auseinandersetzun 
gen um das SVAG im Wirtschaftsrat auch für die französische Zone schwierige 
Debatten erwarten ließen, 25 schlug das Ministerium - um eine rasche Erhöhung der 
Renten bemüht - zunächst vor, die Forderungen zu akzeptieren und eine Gesamtre 
form erst später auszuarbeiten. 26 
Nun schalteten sich jedoch die Gewerkschaften ein und forderten mit einem eigenen 
Entwurf nicht nur die Erhöhungssätze der Bizone, sondern auch die gleichen struk 
turellen Änderungen zur Anpassung der Invalidenversicherung zur Angestelltenversi 
Protokoll der Arbeitsministerkonferenz in Talmühle/Gimmeldingen, 31. 1. 1949; LHA KO 
930/4760 u. StA FR A 7 (1981 /27) 4021. 
LT RLP, CDU-Antrag Dr. II 749, 15. 12. 1948, im Plenum am 16. 12. einstimmig angenom 
men; vgl. auch in AdO Colmar C. 899/3-43-2 eine Materialsammlung zu den Erhöhungsfor 
derungen im Dezember 1948. 
22 LT RLP Dr. II 856, o. D. (Anfang Februar 1949); Schriftverkehr in LTA RLP II 856, LHA 
KO 860/4096 u. 996/2, AdO Colmar RLPC. 899/3-43-2. 
Aktenvermerk des Koblenzer Sachbearbeiters Stein über Besprechung mit Sozialversiche 
rungsoffizier Wetta in Baden-Baden, 26. 2. 1949, sowie mehrere Vermerke der französischen 
Arbeitsoffiziere in AdO Colmar C. 899/3-43-2. 
Genaue Zahlenangaben durch Finanzminister Hoffmann in gemeinsamer Sitzung des Sozi- 
alpolit. mit dem Wirtschafts- und Finanzausschuß, 31. 5. 1949, Protokoll in LTA RLP. 
So Arbeitsminister Bökenkrüger rückblickend am 1.6. 1949 im Koblenzer Landtag; Sten. 
Prot., S. 1560. 
Auszug aus Ministerratsprotokoll, 2. 3. 1949; LHA KO 860/996/2. Protokoll des Sozialpolit. 
Ausschusses, 14. 3. 1949; LTA RLP. Text der Ministerialvorlage sowie Schreiben von Thi- 
bault an das Generalsekretariat von General Koenig, 13. 4. 1949, mit ausführlicher Darstel 
lung des ganzen Konfliktes, in AdO Colmar RLP C. 899/3-43-2.
	        
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