Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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scher Zone. Die Rentenversicherungsbeiträge, bisher 5,6% und in der französischen 
Zone seit 1946 9%, wurden auf 10% heraufgesetzt, um die verbesserten Leistungen 
finanziell abzusichern; als gewisser Ausgleich für die beträchtliche Mehrbelastung 
sank der Satz für die Arbeitslosenversicherung, bislang in den drei Westzonen ein 
heitlich 6,5%, auf 4%. Mit Ausnahme der außerhalb des Systems verbleibenden 
Unfallversicherung, deren Beiträge in der Regel 2% betrugen und weiter von den 
Arbeitgebern getragen wurden, wurden alle Beiträge jetzt zur Hälfte zwischen Ar 
beitgeber und Arbeitnehmer aufgeteilt. Ein Ausgleich für die stärkere Belastung der 
Arbeitnehmer in der Rentenversicherung ergab sich jedoch dadurch, daß die Parität 
auch für die Krankenversicherung galt, welche die Arbeitnehmer in allen drei Zonen 
bislang zu zwei Dritteln zu tragen hatten. 4 Das Bizonen-Sozialversicherungsgesetz 
hatte damit im Vergleich zur französischen Zone die Arbeitgeberbelastung deutlich 
und die Versichertenbelastung geringfügig gesenkt, im Vergleich zur alten, die Ar 
beitgeber gegenüber der französischen Zone begünstigenden Bizonen-Regelung die 
sen aber höhere Lasten auferlegt. Mit der paritätischen Beitragsaufteilung waren, 
wie sich erweisen sollte, die Weichen aber auch für die Abschaffung der Versicher 
tenmehrheit in der Selbstverwaltung einiger Zweige der Sozialversicherung, wie sie 
vor 1933 etabliert worden war und seit 1948 wieder in der französischen Zone 
bestand, de facto gestellt. 
Langfristig ebenso wichtig waren die Schritte, die zur Angleichung von Arbeiter- und 
Angestelltenrentenversicherung unternommen wurden. Auch für Arbeiter galt nun 
mehr die bisher auf die Angestellten beschränkte Bestimmung, daß Erwerbsunfähig 
keit nicht erst bei 66,6%, sondern bei 50% Minderung der Erwerbsfähigkeit aner 
kannt wurde; allerdings mußten Arbeiter weiterhin Tätigkeiten auf dem ganzen 
Arbeitsmarkt (Erwerbsunfähigkeit) und nicht wie die Angestellten nur in ihrem Fall 
(Berufsunfähigkeit) akzeptieren. Arbeiterwitwen erhielten nun nicht nur, wenn sie 
selbst erwerbsunfähig waren, eine Rente, sondern ebenso wie die Angestellten in 
jedem Fall. Mit Ausnahme der über 60jährigen Witwen galt dies jedoch nicht für 
Frauen, deren Ehemann vor Inkrafttreten des Gesetzes verstorben war; daraus erga 
ben sich erhebliche soziale Härten, da vor allem die Kriegswitwen damit ausge 
schlossen wurden. Schließlich wurde auch die Abfindung von Arbeiterwitwen bei 
4 Relativer Beitragsbelastungsvergleich 1949(in%): 
Bizone 
FBZ 
SVAG Bizone 
Ag 
An 
Ag 
An 
Ag 
An 
Rentenversicherung 
2,8 
2,8 
6 
3 
5 
5 
Arbeitslosenversicherung 
3,25 
3,25 
3,25 
3,25 
2 
2 
6,05 
6,05 
9,25 
6,25 
7 
7 
Unfallversicherung®) 
(2) 
■ - 
(2) 
- 
(2) 
- 
Krankenversicherung 15 ) 
(2) 
(4) 
(2) 
(4) 
(3) 
(3) 
ungefähre Gesamtbelastung 
10,05 
10,05 
13,25 
10,25 
12 
10 
a ) Variabel 
b ) Variabel außer in britischer Zone (6 %); vgl. Tabelle 10, S. 366, und unten Anm. 39-
	        
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