340
rend Kalinke bei Schwartz, der die Reform von 1946 offensichtlich nach wie vor für
sachlich begründet hielt, nur den Eindruck einer Erklärung seines Wohlwollens hatte,
suchte Junker nun, sichtlich beeindruckt von der Argumentation, nach Auswegen
und schlug vor, Gengier solle als Landtagspräsident noch einmal unter Hinweis auf
das im Comite Juridique in Baden-Baden wohl unzureichend beachtete Währungs
gesetz protestieren. Damit war der Durchbruch erreicht.
Kalinke teilte ihre Ergebnisse unverzüglich Gengier mit, 151 und nachdem inzwischen
schon eine Intervention aller Ministerpräsidenten 152 geplant gewesen war, schlug
Gengier den von Junker empfohlenen einfacheren Weg ein, 153 die Aufhebung der
Reformverordnung von 1946 zu fordern. In ihren die Krankenversicherung betref
fenden Teilen geschah dies bereits zwei Wochen später, 154 und damit war der Weg
zur Verkündung der Landesgesetze in Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzol-
lern frei. 155 Jetzt folgte auch der Badische Landtag den beiden anderen Ländern und
beschloß nach seiner Sommerpause, .ohne auf die sachlichen Gesichtspunkte noch
einmal einzugehen, mehrheitlich ein entsprechendes Gesetz. 156 Es beschränkte sich
auf eine reine Restauration des alten Zustandes ohne einschränkende Vorschriften,
wie sie die anderen Länder eingefügt hatten.
Die Bahn war damit allerdings erst für die Wiedererrichtung aufgelöster Kassen,
noch nicht für Neugründungen frei. Mit Wiederherstellung des Rechtszustandes von
1945 trat automatisch die Verordnung von 1934 wieder in Kraft, welche Neugrün
dungen von Krankenkassen verboten hatte. 157 Ungültig war diese nur in Württem
berg-Hohenzollern, wo im Rahmen des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes eine
Reihe von nationalsozialistischen Bestimmungen aufgehoben wurden; das Wieder
zulassungsgesetz hatte dort die Mindestzahl für Neugründungen allerdings von 150
Versicherten (die weiter wie in den anderen Ländern für Wiedergründungen galt) auf
300 Versicherte heraufgesetzt. Allgemein wurden Neugründungen erst möglich, als
die Koalition von CDU und FDP im Bundestag eine entsprechende Regelung im
151 Ebd.
152 Die Arbeitsminister kamen nicht in Frage, da Bökenkrüger in Koblenz gegen die Wiederzu
lassung eintrat; Vermerk von Kopf, 27. 7. 1949, StA S(G Wü 180/608.
151 Gengier an Justizdirektor Junker, 27. 7. 1949, u. a. mit den von Junker angeforderten Einzel
heiten zu Breitlings Verhaftung 1946; ebd.
154 Ordonnance No. 227,9. 8. 1949; J. O. CCFA S. 2103 f.
155 Württemberg-Hohenzollern: Gesetz über die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung v.
3. 6. 1949, Reg.Bl. S. 299; Durchführungsverordnungen ebd., S. 408 f.; Schriftverkehr dazu
in StA SIG Wü 1/45 und Wü 2/1755. Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über die Wiederzulas
sung von Ersatz-, Betriebs- und sonstigen Krankenkassen v. 19. 8. 1949, GVB1. 1949,1, S. 349;
Schriftverkehr dazu in LHA KO 860/4124 u. LTA RLP II 976. Durchführungsverordnun
gen: GVB1. 1949 I, S. 513(17. 9. 1949) und 1950 I, S. 173 f. (5. 5. 1950), Schriftverkehr hierzu
in LHA KO 860/3750, 3751 u. 3841; die Durchführungsverordnungen regelten u. a. Frist
verlängerungen für die Wiedererrichtung von Kassen.
154 Sozialpolit. Ausschuß, 18.8. 1949, Prot, in StA FR A 1/22; Verh. Bad. LT, 21.9. 1949,
S. 35-40. Schriftverkehr, u. a. zur Frage der Bundeskompetenzen, in StA FR A 2/8543 u.
A 1/255/2. Bad. GVB1. 1949, S. 394; Durchführungsverordnungen ebd. 1950, S. 21-23.
157 7. Verordnung zur Neuordnung der Krankenversicherung, 10. 10. 1934, RGBl. 1934 I, S. 975.
Vgl. auch VdO -Rundschreiben 37/1949.