Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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rend Kalinke bei Schwartz, der die Reform von 1946 offensichtlich nach wie vor für 
sachlich begründet hielt, nur den Eindruck einer Erklärung seines Wohlwollens hatte, 
suchte Junker nun, sichtlich beeindruckt von der Argumentation, nach Auswegen 
und schlug vor, Gengier solle als Landtagspräsident noch einmal unter Hinweis auf 
das im Comite Juridique in Baden-Baden wohl unzureichend beachtete Währungs 
gesetz protestieren. Damit war der Durchbruch erreicht. 
Kalinke teilte ihre Ergebnisse unverzüglich Gengier mit, 151 und nachdem inzwischen 
schon eine Intervention aller Ministerpräsidenten 152 geplant gewesen war, schlug 
Gengier den von Junker empfohlenen einfacheren Weg ein, 153 die Aufhebung der 
Reformverordnung von 1946 zu fordern. In ihren die Krankenversicherung betref 
fenden Teilen geschah dies bereits zwei Wochen später, 154 und damit war der Weg 
zur Verkündung der Landesgesetze in Rheinland-Pfalz und Württemberg-Hohenzol- 
lern frei. 155 Jetzt folgte auch der Badische Landtag den beiden anderen Ländern und 
beschloß nach seiner Sommerpause, .ohne auf die sachlichen Gesichtspunkte noch 
einmal einzugehen, mehrheitlich ein entsprechendes Gesetz. 156 Es beschränkte sich 
auf eine reine Restauration des alten Zustandes ohne einschränkende Vorschriften, 
wie sie die anderen Länder eingefügt hatten. 
Die Bahn war damit allerdings erst für die Wiedererrichtung aufgelöster Kassen, 
noch nicht für Neugründungen frei. Mit Wiederherstellung des Rechtszustandes von 
1945 trat automatisch die Verordnung von 1934 wieder in Kraft, welche Neugrün 
dungen von Krankenkassen verboten hatte. 157 Ungültig war diese nur in Württem 
berg-Hohenzollern, wo im Rahmen des Sozialversicherungsanpassungsgesetzes eine 
Reihe von nationalsozialistischen Bestimmungen aufgehoben wurden; das Wieder 
zulassungsgesetz hatte dort die Mindestzahl für Neugründungen allerdings von 150 
Versicherten (die weiter wie in den anderen Ländern für Wiedergründungen galt) auf 
300 Versicherte heraufgesetzt. Allgemein wurden Neugründungen erst möglich, als 
die Koalition von CDU und FDP im Bundestag eine entsprechende Regelung im 
151 Ebd. 
152 Die Arbeitsminister kamen nicht in Frage, da Bökenkrüger in Koblenz gegen die Wiederzu 
lassung eintrat; Vermerk von Kopf, 27. 7. 1949, StA S(G Wü 180/608. 
151 Gengier an Justizdirektor Junker, 27. 7. 1949, u. a. mit den von Junker angeforderten Einzel 
heiten zu Breitlings Verhaftung 1946; ebd. 
154 Ordonnance No. 227,9. 8. 1949; J. O. CCFA S. 2103 f. 
155 Württemberg-Hohenzollern: Gesetz über die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung v. 
3. 6. 1949, Reg.Bl. S. 299; Durchführungsverordnungen ebd., S. 408 f.; Schriftverkehr dazu 
in StA SIG Wü 1/45 und Wü 2/1755. Rheinland-Pfalz: Landesgesetz über die Wiederzulas 
sung von Ersatz-, Betriebs- und sonstigen Krankenkassen v. 19. 8. 1949, GVB1. 1949,1, S. 349; 
Schriftverkehr dazu in LHA KO 860/4124 u. LTA RLP II 976. Durchführungsverordnun 
gen: GVB1. 1949 I, S. 513(17. 9. 1949) und 1950 I, S. 173 f. (5. 5. 1950), Schriftverkehr hierzu 
in LHA KO 860/3750, 3751 u. 3841; die Durchführungsverordnungen regelten u. a. Frist 
verlängerungen für die Wiedererrichtung von Kassen. 
154 Sozialpolit. Ausschuß, 18.8. 1949, Prot, in StA FR A 1/22; Verh. Bad. LT, 21.9. 1949, 
S. 35-40. Schriftverkehr, u. a. zur Frage der Bundeskompetenzen, in StA FR A 2/8543 u. 
A 1/255/2. Bad. GVB1. 1949, S. 394; Durchführungsverordnungen ebd. 1950, S. 21-23. 
157 7. Verordnung zur Neuordnung der Krankenversicherung, 10. 10. 1934, RGBl. 1934 I, S. 975. 
Vgl. auch VdO -Rundschreiben 37/1949.
	        
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