Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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rungs“-Konzeptionen in den französischen Arbeitsverwaltungen und auf das seit 
1945 zu verfolgende Mißtrauen gegenüber den deutschen Parteien. Parlamentarische 
Demokratie war nur ein Element in diesen Konzeptionen, und wie mehrfach, zu 
beobachten war, erhielten Gruppen, die als Vertreter der Arbeitnehmer angesehen 
wurden, durchaus über die Landtage hinweg Einfluß auf die Militärregierung. Selbst 
1949 zeigte sich darin noch die seit 1945 angelegte missionarische Demokratisie 
rungsauffassung, in deren Mittelpunkt Sachkonzeptionen standen und die nicht 
primär, wie im amerikanischen Verständnis, in einer Rückgabe politischer Kompe 
tenzen in deutsche Verantwortung bestanden. Gerieten die als sachlich richtig beur 
teilten Ziele auf parlamentarischer Ebene in Gefahr, so war die Versuchung groß, die 
Kontrollmechanismen der Militärverwaltung zu ihrer Verteidigung einzusetzen - 
eine Sicht, die mit den Demokratievorstellungen der Landtage verständlicherweise 
nicht vereinbar und zu diesem Zeitpunkt auch längst politisch ohne Chancen war. 
Die Freiburger Staatskanzlei traf nun eine Übereinkunft mit dem CDU-Landesvor- 
sitzenden Dichtei, die CDU-Fraktion solle selbst einen Gesetzesentwurf als Initiativ- 
Antrag einbringen. 143 Möglicherweise ist darin der Versuch zu sehen, den gemeinsa 
men Widerstand von Militärregierung und Direktion Arbeit durch Einschaltung der 
Parteien zu umgehen. Denn das Vorgehen war für badische Verhältnisse ungewöhn 
lich und beleuchtet als solches schon die Härte der Auseinandersetzung. Initiativ- 
Anträge von Parteien gab es zwar auch im südbadischen Landtag; doch im Gegen 
satz zu den beiden anderen Ländern der Zone sind sie nur selten Gesetz geworden - 
von den 48 in der hier betroffenen Session 1948/49 beschlossenen Gesetzen beruh 
ten nur zwei auf Initiativ-Anträgen, darunter dieses Kassen-Gesetz. 144 145 Hier ist der 
Kontext der den Landtag oft übergehenden Regierungsweise des Kabinetts Wohieb 
berührt, die auch von Abgeordneten immer wieder deutlich kritisiert wurde. ,4S In 
diesem Falle nutzte die Regierung die Parteien-Initiative offenbar dazu, eigene 
interne Schwierigkeiten zu lösen, so daß auch der Erfolg dieses Antrages kaum als 
eigenständige Landtagsinitiative gewertet werden kann. 
Die CDU-Fraktion begründete ihre Vorlage sowohl damit, daß durch die Reform 
von 1946 in langer Beitragszahlung erworbene Rechte beseitigt worden seien, wie mit 
der Notwendigkeit, angesichts der Gründung der Bundesrepublik die Rechtseinheit 
mit den anderen Zonen wiederherzustellen. 146 Detaillierter ging die Fraktion auf die 
Problematik nicht ein: sei es, daß die internen Differenzen dies nicht zuließen, sei es, 
weil der Ausgang der Debatte klar und sich eine genauere Begründung daher zu 
erübrigen schien. Vier Wochen später gab die Direktion Arbeit das Spiel auf und 
notierte, es sei wohl nicht mehr sinnvoll, der CDU-Fraktion Konkurrenz mit einem 
eigenen Entwurf machen zu wollen. 147 Wiederum blieben die Beratungen aber stek- 
143 Vermerk vom 13. 6. 1949 in den Akten der Staatskanzlei; StA FR A 2/8543. 
144 Bericht von Landtagspräsident Person, Verh. Bad. LT, 21. 9. 1949, S. 47 ff. 
145 Vgl. dazu zusammenfassend die Darstellung des damaligen stellvertretenden Fraktionsvor 
sitzenden der FDP: Friedrich Vortisch, Die Demokratisierung Südbadens nach dem Zusam 
menbruch im Jahre 1945, Manuskript in Privatarchiv Vortisch, 1982. 
144 Initativ-Antrag der CDU Nr. 126 (48/49), 22. 6. 1949, mit Begründung in StA FR A 1/255/2. 
147 Vermerk vom 19. 7. 1949; StA FR A 7 (1981/27)4324.
	        
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