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desteile also von den Entscheidungen im Norden abhängig waren, während sich in
Rheinland-Pfalz der Zuständigkeitsbereich der LVA seit 1947 mit den Landesgren
zen deckte und zuvor bereits de facto weitgehend gedeckt hatte. Für die Landesversi
cherungsanstalten in Karlsruhe und Stuttgart blieb es daher bis zu den Bundes-Sozi-
alwahlen 1953 bei den Ausschüssen, welche nach Vorschlägen der Arbeitgeberorga
nisationen und Gewerkschaften 1947 bzw. 1945 nicht gewählt, sondern berufen
worden waren. Dabei gehörten neben Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern nur
dem Ausschuß der Karlsruher Landesversicherungsanstalt auch Vertreter des Staa
tes an, welche die CDU in Rheinland-Pfalz zunächst angestrebt, dann aber wieder
fallengelassen hatte. Das Land Südbaden war in Karlsruhe in allen Gruppen mit der
Hälfte der Mitglieder vertreten, Württemberg-Hohenzollern in Stuttgart - dessen
LVA keine Staatsvertreter angehörten - mit jeweils einem Drittel der Mitglieder. Die
LVA Rheinland-Pfalz schrieb 1948 Wahlen aus; Arbeitgeber und Versicherte ent
schieden sich hier allerdings für die Vorlage von Einheitslisten. Rheinland-Pfalz war
das einzige Land, das Arbeitnehmervertreter auch in die Ausschüsse der Unfallversi
cherung aufnahm, in denen sie bislang nur ein begrenztes Mitspracherecht, vorwie
gend in Fragen des Unfallschutzes, gehabt hatten. Dies war eine grundsätzliche
Neuerung im deutschen Sozialversicherungssystem, die sich langfristig allgemein
durchsetzen sollte.
In der Krankenversicherung blieb die alte Tradition der Zwei-Drittel-Mehrheit der
Arbeitnehmer in ihren Ausschüssen in allen Ländern bestehen. In Rheinland-Pfalz
galt dies auch für die Knappschaftsversicherung; diese wurde nur in Rheinland-
Pfalz berücksichtigt, da die anderen Länder über keine eigenen Institutionen verfüg
ten, nachdem die knappschaftliche Leitstelle bei der LVA in Speyer die Betreuung
der Versicherten in der gesamten französischen Zone (ohne Saar) übernommen
hatte. In der Rentenversicherung wurden die Sitze entsprechend dem Beitragsauf
kommen paritätisch aufgeteilt, wozu in Baden die Staatsvertreter kamen. Die Sitz
verteilung im Vorstand, also der Exekutive der Sozialversicherungsträger, wurde
entsprechend den Mehrheitsverhältnissen in den Ausschüssen, der Legislative, gere
gelt. Der rheinland-pfälzische Regierungsentwurf, der aus dem sozialdemokratisch
geführten Arbeitsministerium kam und von dem Arbeitnehmerflügel der CDU un
terstützt wurde, hatte eine generelle Zwei-Drittel-Mehrheit der Arbeitnehmer in
allen Zweigen vorgesehen, eine völlige Neuerung im deutschen Sozialleistungssy
stem; hierin spiegelte sich die starke Stellung der christlichen Gewerkschaftler in der
frühen CDU wider, doch zugleich wurde der beginnende Niedergang ihres Einflus
ses deutlich: Im Verlauf der Beratungen setzten sich die Sprecher der Arbeitgeber
schaft fraktionsintern durch, und als sich auch die Liberalen deren Konzeption
anschlossen, wurde die Zwei-Drittel-Mehrheit auf AOK und Knappschaften be
schränkt. Besonders ausgiebig wurde über die Stellung des Geschäftsführers der
Krankenkassen diskutiert, dem unter der Bezeichnung Leiter im Aufbaugesetz 1934
die Funktionen von Selbstverwaltung und Vorstand übertragen worden waren.
Württemberg-Hohenzollern räumte ihm - allerdings nur in einer Mustersatzung -
recht weitgehende Vertretungsbefugnisse ein, Baden wählte eine Mittellösung und
Rheinland-Pfalz beließ es bei der Bestimmung, er werde vom Vorstand gewählt und
gehöre diesem mit beratender Stimme an. Nur das badische Gesetz führte auch die