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waren die Sitze entsprechend dem Beitragsaufkommen verteilt gewesen, und nur in
der Krankenversicherung hatten die Arbeitnehmer eine solche Mehrheit. 44 Gewählt
werden sollte wie in Württemberg-Hohenzollern zunächst für zwei Jahre. Bis die
Vorlage in den Ausschuß gelangte, griff die Militärregierung noch mehrmals ein, um
die Stellung des Geschäftsführers der Krankenkassen zu präzisieren. Nach dem
Aufbaugesetz von 1934 hatte diese Funktion der vom Leiter der zuständigen Landes
versicherungsanstalt ernannte Krankenkassenleiter ausgeübt bzw. in der Invaliden
versicherung der Leiter der LVA selbst. Hieraus resultierte seit 1946 der beschrie
bene Streit zwischen Tübinger Landesdirektion für Arbeit und Stuttgarter LVA, die
ihre Prärogativen nicht aufgeben wollte. 45 In Rheinland-Pfalz forderte die Militärre
gierung eine klare Unterordnung des Geschäftsführers in den verschiedenen Versi
cherungszweigen unter die Selbstverwaltungsorgane: er sei vom Vorstand zu wählen
und habe diesem mit beratender Stimme anzugehören. 46 * Dies entsprach den Kon
zeptionen des Verbandes der Ortskrankenkassen, 41 der auch in dieser Frage auf die
Baden-Badener Zentrale unmittelbaren Einfluß genommen hatte. 48 Die Einzelheiten
dieses Einflusses gehen, anders äls bei der Sozialversicherungsreform 1946, aus den
erhaltenen Akten allerdings nicht hervor. Doch wurden zugleich auch die Grenzen
des Vertrauens der Militärregierung in die Selbstverwaltung deutlich: sie bestand auf
einem Bestätigungsrecht des Arbeitsministers für den Geschäftsführer, um, wie in
tern vorsichtig formuliert wurde, eine politisch motivierte Wahl von Kandidaten zu
vermeiden, denen die notwendige fachliche Qualifikation abgehe. 49 50 Inhaltlich ent
sprach die Forderung der Position sowohl der Freiburger Direktion Arbeit 50 wie des
rheinland-pfälzischen Arbeitsministers, dem diese Stärkung seiner Stellung nicht
ungelegen kam. 51 Politisch spiegelte sich darin aber weniger ein konzeptioneller
Widerspruch in der Haltung der Militärregierung als deren auch beim Gewerk
schaftsaufbau zu beobachtende geradezu panische Angst vor dem Wiederaufstieg
von Nationalsozialisten in der Arbeitsverwaltung. 52 Trotz solcher Bedenken drängte
die Militärregierung in einem weiteren Eingriff aber schließlich noch auf eine Aus
44 LT RLPDr. 1196,22. 10. 1947; Vorgänge in LHA KO 860/4031 und LTA RLP II 96.
45 Vgl. oben S. 268 ff.
44 Schon bei der ersten deutschen Vorlage vom 20. 9. war dieser Punkt moniert worden, und aus
gleichem Grund verlangte die Militärregierung im Regierungsentwurf, der ihr erst eine
Woche nach Vorlage im Landtag am 30. 10. 1947 zuging, erneut die Änderung; Entwürfe mit
Randbemerkungen des Arbeitsoffiziers in AdO Colmar RLPC. 899/3-10-3.
4 ’ Der Verband setzte sich bei allen Landesregierungen für eine Stärkung der Stellung des
Geschäftsführers gegenüber dem Leiter durch Einbeziehung in den Vorstand ein. Vgl. Vor
trag des VdO-Geschäftsführers Kattler bei einer Tagung der Arbeitsgemeinschaft der Orts
krankenkassenverbände im Frühjahr 1949, o. D.; VdO Lahr Altreg. Az. 103. Vgl. unten
Anm. 104.
48 Vgl. Hinweise in Akte Karl Zapp, Archiv VdO Lahr.
49 Vgl. Vermerk des Arbeitsoffiziers Thibault für den politischen Sekretär der Militärregierung
Koblenz, Foucry, 12. 11. 1947; AdO Colmar RLPC. 899/3-10-3.
50 Vgl. oben S. 283.
51 Mitteilung von August Wolters, 18. 8. 1982, und Protokoll des Sozialpolitischen Ausschusses
des Landtages, 5. u. 24. 11. 1947, LTA RLP.
52 So August Wolters sowie Lattard, Syndicalisme.