Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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einschränkend, ob eine Neuregelung jetzt sinnvoll sei, da die auf diesem Wege 
designierten Mitglieder zu Verteidigern eines Selbstverwaltungssystems werden 
könnten, das mit der allgemeinen Kontrollratsreform in Kürze verschwinden solle. 5 
Die Berufung auf die Kontrollratsplanungen zur Begründung einer Verschleppung 
der Selbstverwaltungsfrage war jedoch auch in französischen Augen ein schlechtes 
Argument. Schon die große Reform vom April 1946 hatte Baden-Baden mit dem 
damaligen Diskussionsstand in Berlin abgestimmt. Die Selbstverwaltung in der Sozi 
alversicherung war als Grundsatz seit der ersten offiziellen Formulierung von Re 
formprinzipien im März 1946 auch im Kontrollrat nicht umstritten, 6 * wenngleich 
Einzelheiten noch nicht feststanden. Ebenso wie im Frühjahr 1946, konnte man hier 
also Maßnahmen ergreifen, ohne das Risiko einer Kollision mit den Kontrollratspla 
nungen einzugehen. 
Die Franzosen taten dies, die anderen Alliierten nicht. Inzwischen war auch das 
Argument von Anfang 1946 entfallen, die Gewerkschaften seien noch nicht hinrei 
chend reorganisiert: Seit dem Frühsommer 1946 war der Aufbau von Ortsverbänden 
sowie von Landes-Industrieverbänden in vollem Gang. Unter Hinweis auf diesen 
Organisationsgrad und auf die mittlerweile erfolgte Durchführung der Vereinheit 
lichung der Krankenversicherung, welche einer früheren Wiederherstellung der 
Selbstverwaltung entgegengestanden habe, forderte Generalverwalter Laffon die 
Provinzgouverneure am 14. März 1947 auf, die deutschen Verwaltungen zur Vorlage 
entsprechender Entwürfe zu veranlassen, conformes aux principes democratiques et ä 
l'interet des travailleurs. 1 Allerdings sollten nur diejenigen Teile des Aufbaugesetzes 
von 1934, die das „Führerprinzip“ verkörperten, aufgehoben werden; politisch un 
bedenkliche Bestimmungen seien zu belassen, da kein Gesamteingriff in das Sozial 
versicherungssystem erfolgen solle. Damit war, wie bei der Gesamtreform 1946, eine 
Kollision mit dem Kontrollrat wieder umgangen: Die Anweisung bedeutete die 
Wiederherstellung der Sozialwahlen, wie säe vor 1933 bestanden hatten. Die Militär 
regierung ging mit dieser Aufforderung also weiter als die wenigen deutschen Stel 
len, die zuvor auf die Wiederherstellung der Selbstverwaltung gedrungen hatten, 
aber noch keine Wahlen durchführen wollten; auf Martzloffs Vorstoß wurde aus 
drücklich Bezug genommen. Den deutschen Verwaltungen ging die Anweisung in 
der zweiten März-Hälfte 1947 zu. 8 
Andrez an Direction du Travail, Baden-Baden, 30. 1. 1947; ebd. 
6 Vgl. oben S. 178. 
Rundschreiben Laffon an Landesgouverneure, 14. 3. 1947; AdO Colmar Bade 2414/8. 
Section Travail an Landesdirektion für Arbeit, Tübingen, 21.3. 1947; StA SIG Wü 180/637. 
Monatsbericht des badischen Arbeitsoffiziers, 29. 3. 1947, AdO Colmar Bade 2402, und 
Anweisung an Direktion Arbeit vom 31. 3. 1947, ebd. 2414/8. Service Travail an Arbeitsmi 
nisterium Koblenz, 31. 3. 1947; AdO Colmar RLP C. 899/3-10-3 und LHA KO 930/4590. 
Den deutschen Stellen wurden umfangreiche Auszüge aus Laffons Anweisung vom 
14, 3. 1947 übermittelt; gestrichen wurde u. a. die Begründung, vor Durchsetzung der Ein 
heitskrankenkasse sei die Wiederherstellung der Selbstverwaltung pas opportun gewesen. 
Den Landes-Arbeitsoffizieren in Koblenz und Freiburg hatte Baden-Baden die Anweisung 
bereits mit getrennten Schreiben am 6. 3. 1947 (jeweils ebd.) angekündigt. Vgl. auch VdO 
Lahr Altreg. Az. 1210.
	        
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