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Die Auflösung dieser Kassen ist ein besonders deutliches Beispiel dafür, daß deut
sche Stellen sich nicht nur zur Verfolgung auch ihrer eigenen Ziele auf die Militärre
gierung beriefen, sondern die Baden-Badener Stellen sogar gezielt und erfolgreich
als Druckmittel einsetzen konnten. Die von deutscher Seite so häufig kritisierten
Verbote der Militärregierung, sich auf ihre Anweisungen zu berufen, 69 * sind auch vor
dem Hintergrund solcher Vorgänge zu sehen.
Bei der Bahn wirkte die Reform der französischen Zone nun auch in die amerikani
sche Besatzungszone hinein. Nach Abgabe der Mitglieder aus der französischen
Zone verblieben der Reichsbahn-Betriebskrankenkasse für den Bezirk Karlsruhe nur
noch rund 500 Versicherte, so daß sie zum 30. Juni 1946 ihre völlige Auflösung
beschloß und auch die Mitglieder aus der amerikanischen Zone an die zuständigen
Ortskrankenkassen abgab.’ 0 Bei solchen zonenübergreifenden Kassen engte die Re
form im Südwesten den finanziellen Spielraum teilweise so weit ein, daß die Renta
bilität nicht mehr gegeben war. Insgesamt waren Betriebskrankenkassen, deren Ver
sicherte über mehrere Zonen verteilt wohnten, jedoch schon vor April 1946 relativ
selten.
Schwieriger wurde das Problem der Zonenabgrenzung bei der Rentenversiche
rung , deren sämtliche Träger mit Ausnahme der Speyerer Landesversicherungsan
stalt in anderen Zonen lagen. Im Norden übernahm die LVA Hessen-Pfalz in Speyer
das ganze Gebiet, das mit General Koenigs Proklamation vom 30. August 1946 zum
Land Rheinland-Pfalz werden sollte, und 1947 wurde sie auch offiziell in Landesver
sicherungsanstalt Rheinland-Pfalz umbenannt, als die sie bis heute besteht. 71 Für
Rheinland-Hessen-Nassau bediente Speyer sich der wiedereröffneten ehemaligen
Außenstelle der LVA Rheinprovinz (Düsseldorf) in Andernach, die zum 1. Juli 1947
offiziell zur Zweigstelle der LVA Rheinland-Pfalz wurde. 72 * Vor allem für den Nor
den bedeutete dies zunächst ein Stocken der Bearbeitung der Arbeiter-Rentenanträ
ge, die teilweise erst 1947 in Gang kam und u. a. zu mehreren Interventionen im
Landtag führte. 71 Die Verhandlungen insbesondere mit Düsseldorf zogen sich über
Jahre hin. 74 Ähnliche Probleme traten bei den Angestelltenrenten auf, für die erst im
Juni 1946 eine Vermittlungsstelle bei der in Liquidation befindlichen Reichsversi
cherungsanstalt für Angestellte in Berlin eingerichtet wurde. 75 Noch bis 1951 zahlte
Eine entsprechende Anweisung der Militärregierung Hessen-Pfalz erhielt Ende Juni auch
der VdO; Text in Rundschreiben 15/1946.
Rundschreiben des Präsidenten des Landesbezirks Baden, Karlsruhe, an die Allg. Ortskran
kenkassen in Nordbaden, 5. 7. 1946; VdO Lahr Altreg. Az. 1048.
Anordnung des Arbeitsministeriums RLP, 21. 7. 1947; Schriftverkehr und Tätigkeitsberichte
in Archiv LVA RLP. Vgl. auch VdO Rundschreiben 19/1947. Zur Frühzeit s. oben S. 213 ff.
Sie betreute die Regierungsbezirke Trier, Koblenz und Montabaur.
Vgl. insgesamt dazu den Bericht Die Landesversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz in ihrer
Entwicklung von 1945 bis Ende 1952 ...; Archiv LVA RLP.
Vgl. dazu beispielsweise die VdO-Rundschreiben 3/1947, 7/1947, 11/1947, welche das Hin-
und-Her der scheinbar getroffenen und dann wieder zurückgezogenen Regelungen über die
Ausgleichszahlungen insbesondere für die Frühzeit bis 1946 beleuchten.
Vorläufiger Tätigkeitsbericht der LVA Rheinland-Pfalz für die Zeit von Sommer 1945 bis Ende
1947\ Archiv LVA RLP.