Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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Landtagspräsident in Bebenhausen und war unter Arbeitsminister Wirsching Mini 
sterialrat im Arbeitsministerium. Der bereits mehrfach erwähnte August Wolters, seit 
der Weimarer Republik christlicher Gewerkschaftler und Mitarbeiter des Deutschen 
Handlungsgehilfenverbandes, wurde 1945 Leiter des Sozialdezernates im Regie 
rungspräsidium Trier und bis 1958 Geschäftsführer der örtlichen AOK; er entwickel 
te sich, u. a. als Vorsitzender ihres Sozialausschusses, zu einem der energischsten 
Sprecher des Arbeitnehmerflügels in der rheinland-pfälzischen CDU, wurde 1948 
Landtagspräsident und Vorsitzender des sozialpolitischen Ausschusses im Landtag, 
1959 bis 1971 Innen- und 1959 bis 1967 zusätzlich auch Sozialminister in Rheinland- 
Pfalz. Zwei Präsidenten der drei frühen Landtage in der französischen Zone kamen 
damit nicht nur aus der Gewerkschaftsbewegung, sondern beruflich aus der Sozial 
versicherung. Fritz Fleck (SPD) war Bürgermeister von Tuttlingen, Leiter der örtli 
chen AOK, Vorsitzender des Gewerkschaftsbundes Württemberg-Hohenzollern und 
stellvertretender Präsident des Bebenhausener Landtages. Der sozialdemokratische 
Gewerkschaftler Philipp Martzloff (1880-1962), gebürtiger Elsässer, war von 1909 
bis 1933 Arbeitersekretär in Freiburg gewesen, hatte 1919 der provisorischen Badi 
schen Revolutionsregierung als Minister für Übergangswirtschaft und Wohnungs 
wesen angehört, war bis 1933 Vorsitzender der SPD in Freiburg und wurde 1933/34 
und 1944 in Konzentrationslagern, darunter Dachau, inhaftiert. Er wurde im Fe 
bruar 1946 badischer Ministerialdirektor für Arbeit und, nach der Eingliederung des 
Arbeitsministeriums in das Wirtschaftsministerium, dort Leiter der Direktion Ar 
beit; zugleich war er Landtagsabgeordneter der SPD/ Wilhelm Bökenkrüger, gleich 
falls sozialdemokratischer Gewerkschaftler, war 1945 Präsidialdirektor für Arbeit 
und Leiter des Landesarbeitsamtes in Hessen-Pfalz sowie von Juli 1947 bis Oktober 
1949 Arbeitsminister von Rheinland-Pfalz. Der regionale Leiter des kurzlebigen 
Ortskrankenkassenverbandes in Hessen-Pfalz 1946, der sozialdemokratische Ge 
werkschaftler Heinemann, wurde Ministerialrat und zugleich einer der politisch 
maßgebenden Beamten im Koblenzer Arbeitsministerium. 
Da die öffentlichen Ausdrucksmöglichkeiten der Gewerkschaften und Parteien im 
Winter 1945/46 noch begrenzt waren, setzten ihre Mitglieder ihre Verwaltungspo 
sten oft dafür ein, auch im Sinne ihrer politischen Überzeugungen zu wirken. Gerade 
in der Sozialverwaltung war diese Situation schon deshalb häufig anzutreffen, weil 
hier ein besonders großer Anteil des Personals, aufgrund der umfassenden Kompe 
tenzen der Deutschen Arbeitsfront vor 1945 nicht überraschend, politisch belastet 
war und zumindest zeitweise ausscheiden mußte. Hinreichend ausgebildetes Ersatz 
personal fehlte weithin, wie von den zuständigen Verwaltungen ständig betont wur 
de. * 4 So boten sich ehemalige Gewerkschaftler, die sich vielfach in der Weimarer Zeit 
auf untergeordneten Posten mit sozialpolitischen Fragen befaßt hatten, als relativ 
kompetenter Ersatz an. Infolge der unzureichenden biographischen Information 
1 Vgl. Materialien im Nachlaß Philipp Martzloff, StA FR. 
4 Entsprechende Korrespondenz findet sich in zahlreichen Akten aus der Frühzeit, beispiels 
weise in Archiv LVA RLP und StA SIG Wü 180/441, darunter ein zusammenfassender 
Bericht des Präsidenten der LVA Württemberg, Härle (SPD), vom 6. 9. 1946. Vgl. zu den 
Krankenkassen auch unten S. 241 ff.
	        
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