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rigkeiten bei den Betriebskrankenkassen, so bei Geigy in Grenzach. 20 Sie gaben, wie
zu zeigen sein wird, den auf eine Einheitsversicherung hinwirkenden Kräften politi
schen Rückhalt.
Wesentlich schwieriger noch war die Situation der überregional bzw. regional orga
nisierten Angestellten- und Arbeiter-Rentenversicherung. Die Verbindungen,
durch die Verteilung der Versicherungsträger über drei Zonen und Berlin ohnehin
erschwert, drohten mit der Einstellung des Postverkehrs vollends zusammenzubre
chen. In Baden war ein Teil der Karlsruher Landesversicherungsanstalt nach Offen
burg ausgelagert und blieb so auch nach der Trennung des Landes im französischen
Teil. 21 Dennoch hatte die Militärregierung hier zunächst keinerlei Überblick über die
Finanzlage mehr. 22 Der Freiburger Arbeitsoffizier entwickelte Ende Juli eine Art
Kompensationssystem: Beitragszahlungen für die Invalidenversicherung der Arbei
ter seien nach wie vor an die Landesversicherungsanstalten zu leisten; die von den
Ortskrankenkassen eingezogenen, für die Reichsversicherungsanstalt bestimmten
Gelder der Angestelltenversicherung könnten durch die einzelnen Kassen gegen die
nicht eintreffenden Staatszuschüsse für die Krankenversicherung aufgerechnet wer
den und seien ansonsten an die Landeshauptkasse zu überweisen, die ihrerseits
vorläufig die Reichszuschüsse auszahlen sollte. 23 Dieses System dürfte schon des
halb kaum funktioniert haben, weil damit die verschiedenen Zweige des gegliederten
deutschen Systems durcheinanderzugeraten drohten. Besonders schwierig war die
Situation der Angestellten, deren Renten die Post auszahlte; Arbeiter erhielten teil
weise Vorschußzahlungen. 24 Die Situation verschärfte sich vorübergehend noch, als
die Amerikaner am 4. September 1945 alle Transferleistungen in die französische
Zone offiziell einstellten. 25 Die sofortige Einrichtung eines eigenen LVA-Kontos in
Südbaden führte zu mehreren Ankündigungen, die Zahlungen würden wieder aufge
nommen, 26 doch tatsächlich begannen die Nachzahlungen für die Zeit ab Juli 1945
regulär erst im Januar 1946 für die Arbeiter und im Februar für die Angestellten, 27 als
das Kompensationssystem mit der Wiederherstellung des Zahlungsverkehrs im De
20 Mehrfache Hinweise in den Berichten des Arbeitsoffiziers, AdO Colmar Bade 2402. Vermerk
des Arbeitsoffiziers Rolland für den Präsidenten des Oberversicherungsamtes, 14. 12. 1945;
ebd. 2414/6. Einige Betriebskassenauflösungen gingen auf die Stillegung von Rüstungsfir
men zurück, so im Aluminiumwerk Tscheulin, dessen Kasse am 29. 12. 1945 aufgelöst
wurde; Schriftverkehr in VdO Lahr Altreg. Az. 1048.
21 Bericht des Karlsruher Arbeitsoffiziers, 25. 7. 1945; AdO Colmar Bade 2402.
22 Berichte vom 28. 5. u. 11.6. 1945; ebd.
23 Gouvernement Militaire de Fribourg. Service du Travail, Note de Service, 25. 7. 1945, AdO
Colmar Bade 2414/2. Gazette du Gouvernement militaire, 25. 7. 1945, mit Korrektur am 12.
8. 1945. Vgl. auch Bericht des Arbeitsoffiziers, 25. 7. 1945, AdO Colmar Bade 2402, und der
Direction du Travail, wie Anm. 15.
24 Karl Kuttruff (vgl. Anm. 16) in Badener Tagblatt, ca. Nov. 1945, undatierte Abschrift in VdO
Lahr Altreg. Az. 103.
25 Korrespondenz darüber in AdO Colmar Bade 2414/9.
26 Ebd. Vgl. auch Monatsbericht des badischen Arbeitsoffiziers für September 1945, AdO
Colmar Bade 2402; CCFA, Bulletin d'activite, Nov. 1945.
27 Pressenotiz der LVA Baden 26. 2. 1946, AdO Colmar Bade 2414/9, und Monatsbericht des
Freiburger Arbeitsoffiziers, Februar 1946, AdO Colmar Bade 2402.