Full text: Sozialpolitik im deutschen Südwesten zwischen Tradition und Neuordnung 1945-1953

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Empfehlungen der Internationalen Arbeitsorganisation von Philadelphia an und 
folgten für die erste Besatzungsphase grundsätzlich dem zunächst noch für alle 
Alliierten verbindlichen Besatzungshandbuch des alliierten Oberkommandos 
SHAEF.’ Ein angekündigtes eigenes Handbuch für die französischen Arbeitsoffizie 
re * 10 bestand in einer Übersetzung der betreffenden Teile des SHAEF-Handbuches. 11 
Offenbar erreichten nicht einmal diese Texte die ersten in Deutschland eintreffen 
den Offiziere, denn Anfang April beglückwünschten die Amerikaner die 
kleine Zivilverwaltung innerhalb der französischen Truppen zu der guten Arbeit, die 
sie trotz der schwierigen Bedingungen und trotz des Ausbleibens der Übersetzung 
der Direktiven leiste. 12 
Leitlinie der AMFA war que les liens avec les Organismes administratifs centraux ä 
Berlin seront totalement coupes et que les instructions viendront directement du Gouver 
nement Militaire. Ce dernier favorisera une grande independance administrative sous 
son contröle. Für die erste Periode der Besatzung, also bis zur offiziell am 14. Juli 
1945 erfolgten Auflösung von SHAEF, bedeutete dies, daß die deutschen Verwaltun 
gen die Verantwortung für die Sozialversicherung und andere öffentliche Hilfsinsti 
tutionen zu übernehmen und daß die Kassen sobald wie möglich, solange die Mittel 
reichten und en accord avec la politique financiere du Gouvernement Militaire, die 
Zahlungen wieder aufzunehmen hätten. Klang dies auf den ersten Blick noch recht 
präzise, so beschränkten sich die Anweisungen für die zweite Phase, also nach dem 
Übergang der Verantwortung auf die Zonenkommandanten, auf eine zustimmende 
Wiedergabe der Empfehlungen von Philadelphia, welche das Schwergewicht auf 
eine möglichst rasche Stärkung der Gewerkschaften legten; für die Sozialversiche 
rung bedeutete dies unter anderem eine zügige Wiederherstellung der Selbstverwal 
tung. 13 
War der Zusammenbruch der zentralen Reichsinstitutionen also geplant, so hatte die 
Militärregierung den zusätzlichen Zusammenbruch der regionalen Strukturen offen 
sichtlich, solange die Zonengrenzen noch nicht feststanden, nicht hinreichend be 
dacht oder zumindest in seinen Auswirkungen und politischen Implikationen unter 
schätzt: die Übergabe der Verantwortung an mittlere und untere deutsche Verwal 
tungsebenen bedeutete teilweise eine gemeinsame Verwaltung mit den Amerikanern 
oder, für die ehemalige Rheinprovinz, mit den Briten. 14 
Aus der Situation des Frühsommers 1945 entwickelten sich nun zahlreiche, zunächst 
zentral offenbar nur unzureichend koordinierte Versuche, das Sozialleistungssystem 
4 SHAEF, G-5 Civil Affairs Section. Handbook for Military Government in Germany, April 
1944, sowie Neuauflage: Handbook Governing Policy and Procedure for the Military Occu- 
pation of Germany. Revised Edition, April 1945. 
10 Manuel technique pour les Officiers du Travait, zit. bei Milhaud, wie Anm. 8. 
11 Mitteilung von Werner Henneke, Colmar 15. 4.1982. 
12 Schreiben von Col. Parkmann, 6. US-Armeegruppe, 1. 4. 1945; AdO Colmar CGAAA C. 
2669/D. 4/2. 
13 Milhaud, wie Anm. 8. 
14 Vgl. die vor der Zonenaufteilung abgefaßten Berichte des französischen Arbeitsoffiziers in 
Carlsruhe vom 28. 5. und 11.6. 1945; AdO Colmar Bade 2402. Anweisung auf der Ebene des 
Arbeitsoffiziers Freiburg: ebd. 2414/6.
	        
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