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anteren französischen Haltung und dem Verlauf der bevorstehenden amerikanisch-
französischen Wirtschafts- und Finanzverhandlungen anzudeuten.
Erfolg war diesen Initiativen jedoch wiederum nicht beschieden. In seiner internen
Beurteilung der Situation blieb das Deutschland-Kommissiariat bei der Ansicht, die
Zentralverwaltungsfrage präjudiziere die Grenzfrage, vor allem durch ihren Einfluß
auf die Haltung der deutschen Bevölkerung: Nous ferions obstacle ä toute evolution
favorable des esprits. Les habitants de la Ruhr et de la rive gauche du Rhin doivent etre
prevenus tout de suite du fait que leur destinee sera desormais separee de celle des
Allemands du Reich. Betont wurden aber die geschilderten französischen Kompro
mißangebote im Kontrollrat. Angesichts der in der amerikanischen Presse zu beob
achtenden breiteren Unterstützung der französischen Positionen dürften diese schon
deshalb nicht aufgegeben werden, weil ein Nachgeben sonst immediatement exploitee
werde dans d'autres domaines, etwa der Entkolonialisierungsproblematik. Insbeson
dere sei ein Zusammenhang der Blum-Mission mit der Deutschlandfrage nicht zu
akzeptieren. 92 Das Kommissariat schlug hier eine härtere Tonart an als der Minister
wenig später in seiner amtlichen Antwort, und es lag auch auf einer intransigenteren
Linie, als sie der französischen Praxis in der Besatzungsverwaltung und der Kon-
trollratsarbeit inzwischen entsprach.
In Berlin wuchs der amerikanische Ärger über die Franzosen, die, so Murphy, mit
ihrer Obstruktionspolitik den Sowjets die Errichtung völliger Kontrolle über ihre
Zone ermöglicht hätten, was durch Zentralverwaltungen möglicherweise zu verhin
dern gewesen wäre. Zudem werde es den Sowjets und der KPD dadurch jetzt leicht,
sich als Vorkämpfer der deutschen Einheit aufzuspielen. 93 Clay hielt nach wie vor
alle Kompromißvorschläge für nicht praktikabel und lehnte eine nähere Prüfung ab:
We must either have central machinery and then central government or go it alone. No
hybrid creation will work schrieb er Mitte März an einen Entwurf des hessischen
Ministerpräsidenten Geiler für eine Vier-Zonen-Länderratskonstruktion. 94 Er schlug
vor, die dringende französische Bitte um Lieferung von 110 000 t Weizen aus ameri
kanischen Beständen für die französische Zone als Druckmittel zu benutzen, da
derartige Engpässe bei einer deutschen Zentralverwaltung des Ernährungssektors
nicht hätten aufzutreten brauchen. 95 Andererseits wurden auch auf amerikanischer
Seite die Stimmen lauter, die meinten, bislang hätten die Franzosen mit ihrer Veto
politik lediglich den Sowjets die Kohlen aus dem Feuer geholt; die Sowjets würden,
92 Antwortentwurf des CGAAA, 9. 2. 1946; AN F 60/3034/1.
Murphy an Byrnes, 24. 2. 1946, FRUS 1946 Bd. 5, S. 505 ff.; Murphy sprach hier von der
französischen bargaining position against central agencies und kritisierte die Sicherheitsvor
stellungen als an outmoded conception which has little relation to the current Situation.
Gimbel, American Occupation, S. 75.
Clay an Hilldring, 28. 1. 1946, Clay Papers, Bd. 2, S. 151 f., und ders. an Byrnes und
Landwirtschaftsminister Anderson, 11.4. 1946 (ebd., S. 189 f.); Acheson als Vertreter Byrnes’
lehnte solchen Druck am 24. 4. 1946 ab (Acheson an Kriegsminister Patterson, FRUS 1946
Bd. 5, S. 540); der französischen Botschaft war dieses Junktim bereits angedroht worden
(ebd., Memorandum des Europa-Direktors im State Department, Matthews, 17. 4. 1946). Zu
Herbst 1946 s. Unterlagen in Md AE Y (1944-1949) 437.