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und die Beschreibung der <Frauenschönheit10 11). Abgesehen aber
selbst von dieser Diskrepanz — wenn sich überhaupt jemand
am Schluß eines Gedichtes nennt, dann spricht diese Tatsache
zunächst für seine eigene Verfasserschaft, und den Skeptikern
fällt die „Beweislast“ zu. Ich sehe eben nicht ein, wie ein
Meistersinger am Schluß eines so bedeutenden Liedles wie nr.
VI einen fremden 'Namen, den des Tonfinders, nennen und die
Krwähnung seines eigenen gänzlich unterlassen sollte1011)!
Was die Gedichte Hätzl. II 132—124 anbetrifft, so tragen
sie die Überschriften „Ain Jörger frawen 1er“ (7 X 11), „Ain
Jörgen weltlich von lieb“ (5 X 11) und „Ain Jöriger Junckfraw
lere“ (7 X 11), und sowohl C. Haitaus wie K. A. Geuther
sprechen die Vermutung einer Verfasserschaft J. Schs. aus.
Ich halte das schon aus zeitlichen Gründen für unmöglich,
denn die 3 Lieder stehen ebenfalls in „Wolkensteins Lieder¬
buch“ vom Jahre 1425; man müßte sonst Jörg Schillers Ge¬
burtsjahr schon um 1400 ansetzen. Außerdem meine ich, einen
andern Meistersinger als Verfasser dieser Gedichte angeben zu
können. Von „Jöriger“ oder „Jörigen“ (als Vornamen!) ge¬
rade auf Jörg Schiller zu schließen, ist wohl ziemlich willkür¬
lich. Für weniger gewagt halte ich die Verbindung dieses
„Jöriger“ mit einem andern Meistersingernamen: Sowohl in
dem Gedicht von H. Folz11), Berl. Hs. 414, 4° bl. 475 r, wie in
dem Gedicht von C. Nachtigall in derselben Hs.12), wie bei
Valentin Voigt13) kommt ein Meistersinger namens „Joringer“
odier „Jorniger“ vor; das ist Laut für Laut der gleiche Name,
10) Auf M. Müller als Autor ist man verfallen wegen der
wörtlichen Übereintstimmungen zwischen seinem Gedicht „Der
Jungfrau Schöne“ und dem Schillerschen Gedicht nr. VI. Diese
finden sich aber auch in dem authentischen Schiller gedieht nr. XL
Die Metaphern in allen 3 Gedichten sind eben mehr oder weniger
konventionell!
IO-“1) Sprachlich zwingt mich auch, nichts zu einer andern An¬
sicht.
11) An 27. Stelle.
12) „der Jorniger het künst genüg“.
13) Siehe S. 24' dieser Arbeit