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4) Unzulässige Trennungen:
IX7: „wol hundert iar het er sein fle
des volckes da befundert
vü darzü zway vnd treisig ach.“
Zuletzt möchte ich hieran noch einige Erörterungen über
die Echtheit verschiedener Gedichte anknüpfen. Es handelt
sich vor allem um die Gedichte nir. VI und Hätzl. II 122—124.
bei denen man zü einem Endtergebnis kommen kann. Bei nr. VI.
erfolgt die Namensnennung des Dichters in einer für jeden so¬
gleich auffälligen, verschnörkelten ¡Weise:
„ze singen hie all ditz geticht
als es Jörig Schilher hatt gericht
mit seiner ler
als es fraw Er
weißlich verschünden tet.
G. Roethe greift denn auch in ADB. XXXI die Echtheit dieses
Gedichtes an und erklärt, nachdem er schon vorbereitend dort
gesagt hat: „als sicher echt: dürfen nur die Gedichte gelten,
in deren letzter Zeile er (sc. J. Sch.) sich selbst nennt'“, einige
Zeilen weiter: „das Lied nr. 28 im Edbch. der Hätzl. gilt meist
als Schilhers Werk, ist aber wohl eher von Michel Müller
(ADB. XXII, 653)“8). A. Götze folgt9) wiederum dem Vor¬
gänge G. Roethes, stellt dieselbe Behauptung auf und fügt hin¬
zu: „. . . und jene Berufung auf Schillers Vorbild bekommt erst
aus unserm Liedi [nr. XI.] ihren rechten Sinn“. Prüfen wir zu¬
nächst diese Begründung A.Götzes, die1 G. Roethe nicht ernst¬
lich versucht, so erweist sie sich bei näherem Zusehen als nicht
stichhaltig. Worin sollte XI das Vorbild für VI gewesen sein?
Form und Inhalt differieren (XI: Hofton und Liebesgedicht,
VI: allegorisch-didaktisches Gedicht in der Maienweise)!
Höchstens die Einleitung ist stofflich die gleiche (stilistisch ist
das eine sogar hierin noch verschieden, es ist realistischer)
8) Bartsch berichtet an der angeführten Stelle unter „Michel
Müller“ noch nichts davon!
9') Zwickauer Facsimiledruck rar. 25, biogr. Vorbemerkungen,
S. 4.