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1/4: Der Uebersall. Die Hausbewohner werden hinzu-
gerufen.
1/5: Die Herbeigerufenen erfahren den Bericht der Alten.
Susanns wird ins Haus geführt (340), und alle gehen
ab.
Aus dieser Uebersicht ergibt sich zunächst einmal die Er¬
kenntnis einer wesentlichen Abweichung zwischen Bircks Szeneu-
technik und dem modernen Szenenbegriff. Für Birck hat die
Regel, daß die Szene von Auftritt oder Abgang eines Spielers
begrenzt wird, keine Geltung: 1/3, Susannas Mägde gehen
innerhalb der Szene ab, ein dramaturgischer Einschnitt wird
nicht gemacht; 1/4, eine neue Szene beginnt, obwohl keine
Personen abgegangen sind, noch jemand hinzugekommen ist,
der nicht in der vorigen Szene schon auf der Bühne gestanden
und auch gesprochen hat. Für diese scheinbaren Unregelmäßig¬
keiten gibt Timpe^o eine annehmbare Erklärung: er erkennt
eine Ueberschneidung des römischen Szenenbegriffs, den Auf¬
tritt oder — genauer — Redebeginn des Neuauftretenden und
meist auch Abgang begrenzen, mit der mittelalterlichen Szenen¬
technik, die nach Standortkomplexen gliedert. Ein solcher mittel¬
alterlicher Ueberrest wäre also der Uebergang 1/3—1/4. Die
Szene 1/3 zeigt zwei räumlich getrennte Spielsituationen: Su°
sanna im Bade — die Greise im Versteck. Mit den: Hervor¬
treten der Beiden, dem Ueberfall auf Susanns, ist eine neue
Gruppe, eine einheitliche Spielsituation geschaffen. Diese hand¬
lungsmäßig bedeutungsvolle Umgruppierung erscheint dem
Dichter als wichtiger Einschnitt, während der Abgang der
Mägde innerhalb einer Szene sich vollziehen konnte.
Wenn die Feststellung einer solchen Vermischung klassi¬
scher und mittelalterlicher dramaturgischer Begriffe sichere
Schlüsse auf die Bühnenverhältnisse selbst noch nicht zuläßt,
so liefert sie doch eine Bestätigung dafür, daß in Bircks drama¬
tischer und szenischer Vorstellung die beiden Elemente sich immer
nebeneinander behaupten, daß sie in jedem Punkt gleich¬
mäßig zu berücksichtigen sind.
Die Erkenntnis einer weitgehenden Verschiedenheit
zwischen dem Szenenbegriff des modernen und des Birck'schen
Dramas ergibt insofern eine Andeutung über die räumlichen
Voraussetzungen der l. Szene, als deren Abschluß weder durch
den Auftritt Achabs noch einen Abgang des Sedechias be¬
dingt zu sein braucht: Achabs Kommen ist nicht bis zum Beginn
140. T i m p e , P., Die Entwicklung des Szenenbegriffs im latei¬
nischen und deutschen Drama des 16. Jh. Diss. Greifswald 1920. S. 45 ff.