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einer Aufführung entstanden, so zeigt sich, daß schon hier
nicht einmal unterschieden werden kann, was vom Zeichner
erfunden und was wirklich gesehen ist. Wäre eine Trennung
dieser beiden Schichten möglich^, so bliebe das „Gesehene",
das theatralische Erlebnis des Zuschauers, das die Summe
des wirklich Vorhandenen und des Illusionsfaktors darstellt,
nicht aber ein Bild der Aufführung, wie sie stattfand. Von
dieser Aufführung ist das Bild durch einen doppelten Ab¬
stand getrennt: durch den Abstand des Zuschauers zur Bühne
zuerst, dann den des Künstlers zu seinem Erlebnis als Zu¬
schauer. Beim wirklichen Künstler wird es sich hier um eine
Intensivierung, eine Uebersteigerung handeln, beim primitiven
Schilderer um Mangel an technischer Bewältigungsmöglich¬
keit des Erlebten: in jedem Fall ist hier eine Fehlerquelle,
die nicht beseitigt werden kann, weil sie in ihrer Ausdehnung
unübersehbar ist.
138. Nur mit modernen Mitteln wäre eine solche Trennung auszu¬
führen: durch Vergleich der künstlerischen Darstellung einer Aufführung
mit der Bühnenphotographie.