Full text: Augsburger Schultheater unter Sixt Birck

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türnlichen behauptet, daß trotz Anpassung an das Ortsübliche 
seine Entwicklung sich konsequent fortsetzt. 
Einen völligen Bruch in dieser Entwicklungsreihe be¬ 
deutet das nächste von Nysaeus genannte Stück: Beel^. Das 
Drama erschien im I. 1333 in Basel ohne Verfassernamen als 
„Tragedy wider die Abgötterey". Erst die Augsburger Aus¬ 
gabe von 1539, die den Titel Beel trägt, nennt Birck als den 
Verfasser. Die beiden Ausgaben zeigen geringfügige Abwei¬ 
chungen im Text und in den szenischen Anweisungen, dazu 
kommt die Neueinführung von vier Chören im Beel zu den 
fünf Gesängen der Tragedy. 
Das Stück ist in drei Akte geteilt, die als „erst actus", 
„ander Handlung" und „letst Handlung" bezeichnet sind. Nicht 
nur diese Benennungen sind für Birck ganz ungewöhnlich, 
sondern das Prinzip dieser Akteinteilung widerspricht dem bei 
ihm gebräuchlichen: der erste Akt hat die Zerstörung des Beel¬ 
tempels zum Inhalt^, der zweite die Tötung des Drachen, der 
dritte die Geschichte von Daniel in der Löwengrube. Diese 
Trennung in Handlungsepisoden ist für Kolroß und für Bul- 
linger charakteristisch; wie Birck das Stück gegliedert hätte, zeigt 
die zweite Fassung mit den vier neuen Chören: sie sind da ein¬ 
gelegt, wo ein zeitlicher Einschnitt innerhalb des einzelnen 
Teiles der Handlung vom Zuschauer anzunehmen ist. Wenn 
der König den Tempel verschlossen hat, vergeht einige Zeit, 
ehe in der Nacht die Priester eindringen, ebenso liegt ein Zeit¬ 
einschnitt zwischen der Tötung des Drachen und dem Aufruhr 
der Bürger u. s. w. Die fünf Gesänge der ersten Fassung ge¬ 
hören alle zur Handlung, sind Gebete der Priester oder des 
Volkes, sie haben keine dramaturgische Funktion. 
Da man nicht einsehen kann, warum Birck im Jahre 1335 
von einer ihm so wichtigen Regel abgewichen sein sollte, um 
später dazu zurückzukehren, so muß man in der Untersuchung 
einen Schritt zurückgehen und zu der Frage kommen: Was 
zwingt dazu, schon die frühe anonyme Fassung ihm zuzuschrei¬ 
ben? Das ist außer der Augsburger Ausgabe nur die Aussage 
des Nysaeus^, die aber in diesem Fall nicht als unbedingt 
zuverlässig angesehen zu werden braucht. Er konnte alle 
früheren Begebenheiten in Basel nur aus Berichten kennen, die 
35. Creizenach Bd. III S. 241 f. 
36. Der Titel Beel umfaßt also garnicht den ganzen Inhalt und be¬ 
deutet eine Verschlechterung gegenüber der ursprünglichen Bezeichnung. 
37. Nysaeus sagt nicht nur: „Er spielte den Beel..", sondern er 
zählt das Stück auch im Verzeichnis der Werke B.'s mit auf. Daß er 
immer den Titel Beel nennt, spricht dafür, daß er die anonyme Fassung 
garnicht kennengelernt hat.
	        
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