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Das Stück selbst21 zeigt einen solchen Abstand von den
beiden Frühwerken, daß man, um diese Wandlung ganz er-s
klären zu können, einen Einfluß von außen — etwa durch!
eine andere Aufführung — annehmen möchte. Bächtolds Ver¬
zeichnis der Aufführungen in der deutschen Schweiz22 25 zeigt für
Basel eine Lücke vom Jahr 1517 an, wo Gengenbachs Noll-- j
hart gespielt wurde, bis zu Ezechias und Zorobabel 1530/1. >
Mohr2'' ergänzt diese Aufstellung durch die deutschen Aus» (
führungen eines Dreikönigsspieles im Winter 1519 und der j
Gouchmat Gengenbachs zwischen 1520 und 1524; außerdem
nennt er drei lateinische Aufführungen der Jahre 1523/4: die
Andria und den Eunuchen des Terenz und den Curculio des
Plautus. Danach hätte also Birck — vielleicht mit einer ein»
zigen Ausnahme — während seines Basler Aufenthaltes nur
lateinische Aufführungen kennengelernt.
Erst im Jahre 1532 finden wieder volkstümliche Auf¬
führungen statt: außer der Susanna wird das Spiel von
Fünfserley Betrachtnussen des Schulmeisters Johannes Kolroß2^
gespielt. Ist das vielleicht das Stück, das auf Birck den ent- '
scheidenden Einfluß ausübt? Das ist zunächst aus zeitlichen
Gründen sehr fraglich: nur für die Aufführung des Kolroß- ,
schen Spieles ist das genaue Datum bekannt: es ist der erste
Sonntag nach Ostern. Für die Datierung der Susanna ist eine
Stelle der Vorrede von Bedeutung:
,,Ein zytlang haben söllich spil,
bißhar by vns ist (!) gschwigen stil.."
Das legt die Annahme nahe, daß Birck sein Stück früher als
Kolroß, also in der Fastnachtszeit, spielte. Daß er die Auf» -
führung seiner eigenen frühsten Stücke sowie die älteren la¬
teinischen Veranstaltungen in dieser Einleitung nicht mitrechnet, j
ist aus deren engerem Verhältnis zur Schule zu verstehen;
erst durch die Susanna fühlt sich Birck als Fortsetzer der Tra¬
dition Gengenbachs2^. Hätte aber bereits im selben Jahr
die Aufführung der Fünfferley Betrachtnusse schon früher statt-
21. Inhaltsangabe: Creizenach Bd. III S. 236.
22. Unter Berücksichtigung der Anmerkungen und Zusätze.
23. Mohr, F., Die Dramen des Valentin Boltz. Phil. Disi.
Basel 1916.
24. Kolroß stand der deutschen Knabenschule Zu den Barfüßern in
Basel vor. (B ä ch t o l d S. 299 ff.). Er ist also nicht als Kollege B.'s in
dem Sinn aufzufassen, in dem später die übrigen Augsburger Schul- "
dramatiker heranzuziehen sind. --i
25. Daß es mit der Angabe über das längere Stillschweigen der
Spiele recht genau genommen wurde, beweist die für spätere Aufführungen
benutzte anonym bearbeitete Züricher Susanna-Ausgabe, in der die Stelle