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seinen Namen gab, wollte eine Schule schaffen, die wenige
Auserwählte für das Studium auf der Hochschule vorbereitete.
Das letzte Ziel dieser Ausbildung war die Eloquentia, wie sie
Quintilian als hervorragende Beredsamkeit verbunden mit allen
Tugenden des Geistes definierte. Die Reformation gibt dieser
Schule eine neue Richtung zu einem neuen Ziel: sie soll nicht
mehr die Wissenschaft um ihrer selbst willen pflegen, sondern
diese Wissenschaft wird in den Zusammenhang des christlichen
und bürgerlichen Lebens gestellt. Grundlage bleibt auch hier
die Kenntnis der Sprache und Schriften der Römer, dann auch
der ©ried)en16 17. Die Reformation sucht in der Schule den Hu¬
manismus in ihre Dienste zu stellen, damit wird das Gymna¬
sium zu einem der Hauptwege, auf denen der Humanismus
entgegen seinen eigenen Zielen auch zum Volke durchdringen
konnte.
Die Schule, deren Leitung Birck im Jahre 1530 übernahm,
war eine Gründung der Reformation, die sich ein Jahr vor¬
her in Basel durchgesetzt hatte. Die Reformation hat ja in der
Schweiz einen besonderen Charakter: waren zuerst die Vorbe¬
dingungen denen Süddeutschlands sehr ähnlich gewesen, hatte
der Gelehrtenhumanismus mit dem Aufenthalt des Erasmus in
Basel noch eine Steigerung erfahren, so trat in seiner Auswir¬
kung eine wesentliche Scheidung durch die Persönlichkeit des
Reformators, durch Ulrich Zwingli ein. „Wenn Luther vor¬
zugsweise eine Verbesserung der Lehre beabsichtigte, welcher
Leben und Sitte dann von selbst nachfolgen müssen, so nahm
Zwingli einen unmittelbaren Anlauf auf die Verbesserung des
Lebens: er faßte vornehmlich die praktische Bedeutung des all¬
gemeinen Inhalts der Schrift ins Auge"^^.
Sein Interesse ist gleichzeitig religiös und politisch, eben¬
soviel wie an der Reformation der Lehre liegt ihm daran, die
Eidgenossenschaft zu ihren ursprünglichen Grundsätzen zurück¬
zuführen. Das ist die Erklärung dafür, daß die Schweiz trotz¬
dem sie eine Blütezeit des Humanismus, erlebt, wesentlich
volkstümlich gerichtet ist. Der Welt der Universität und der
Druckerwerkstätten, die Birck bisher in Basel kennengelernt hatte,
steht das große Gegengewicht „Volk" gegenüber, dessen stark
politisches, auf die Gegenwart gerichtetes Interesse die Reforma-
16. Roth, F., Der Einfluß des Humanismus und der Reformation
auf das gleichzeitige Erziehungs- und Schulwesen. Schriften des Vereins
für Reformationsgeschichte 60. Halle 1898.
17. R a n k e, 2. v., Deutsche Geschichte im Zeitalter der Refor¬
mation. Gesamtausgabe der Deutschen Akademie. München 1925/6.
Ld. ill S. 51.