Full text: Zur Entwicklung und Bedeutung des deutschen Meistergesangs im 15. und 16. Jahrhundert

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tragischen Abschluß des neuen Dramas bedingt). Fünfzehn Jahre 
später, als Wagner die alten Entwürfe in dreißig Tagen zu 
seinem Versdrama umgestaltetes, hatte er in seinem Wort-Ton- 
Drama eine eigene künstlerische Form gefunden und zugleich 
in der Philosophie Schopenhauers, in der gewaltigen Schöpfung 
des Ning-Zpklus und in dem tragischen Erlebnis mit Mathilde 
Wesendonk eine innere Vertiefung erfahren, die ihn nicht nur 
all die Wirrnisse während der folgenden Jahre der Ausarbeitung 
- von den wiener Tristan-Enttäuschungen (1861) über die Ver¬ 
bannung aus München (1865/66) bis zu Minna Planers Tode 
(Anfang 1866) - siegreich überstehen, sondern die ihn auch die 
Gemütsphilosophie finden ließen, die für das neue Werk uner¬ 
läßlich war: den Humor. 
Wagners Lustspiel zeigt vielfache literarische Beeinflussung 
durch seine Vorgänger. Mit hoffmanns „Meister Martin" 
hat es den Ritter, der durch Erfüllung besondrer Bedingungen 
eine Bürgerstochter gewinnt, und das Nürnberger Bürger- und 
Singer-Milieu gemeinsam^), das Wagner auch in der hagenschen 
Novelle vorfand. Aus dem Deinhardsteinschen „Hans Sachs" 
ließen sich an Einzelheiten das Meditieren unter dem Blüten¬ 
baum, das zeitweilige versagen der dichterischen Kraft bei Sachs 
sowie der starre Formalismus der übrigen Meister anführen, 
während die Motive der Preisstellung und des Handschriftdieb¬ 
stahls auf desselben Dichters Drama „Salvator Rosa" zurück¬ 
gehn, das seinerseits durch hoffmanns Novelle von „Signor 
Formica" angeregt war. In Lortzings „Hans Sachs" haben 
wir wie bei Wagner ein zweites Liebespaar (Gorg und Tordula)h, 
') Richard Wagner, Ges. Schr. u. Vicht., Lpz. 1871 ff., vd. 4 S. 349 ff. 
9 Januar 1862; Richard Wagner, Mein Leben, 2 Bd., München 
1911, 5. 714. 
3) 3m Tapuzzi des „Signor Formica" von hoffmann finden wir sogar 
den Beckmesser-Typus vorgebildet: einen Runstnarren und verliebten Riten, 
der selbst der vurchprügelung beim nächtlichen Ständchen mit folgendem 
Straßenauflauf nicht entgeht, vgl. außer w o lz o g e n a. a. D. S. 394 noch 
Ttt l in g er in Rürfchners R. Wagner-Iahrb. (Stuttgart 1886) Z. 128. 
9 Ähnlich 3rmentraut und Georg im „Waffenschmied", der übrigens 
auch von hoffmanns „Meister Martin" beeinflußt war; vgl. auch welti, 
Lortzing u. Wagner, in Rürfchners R. W.-Iahrb. S. 229—238.
	        
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