Full text: Zur Entwicklung und Bedeutung des deutschen Meistergesangs im 15. und 16. Jahrhundert

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3m Bar, der fast stets aus einer ungraden Zahl von Ge¬ 
sätzen oder Strophen besteht, ist die Strophe die größte äußere 
und innere Einheit. Bber ebenso wenig wie für den Bar als 
Ganzes zeigte die Mehrzahl der Meistersinger für eine innere 
Gliederung der Strophe Verständnis'). Eine gute Einteilung 
wird zuweilen, besonders in Schulkünsten, dadurch erreicht, daß 
jeder Strophe ein bestimmter Ltoffabschnitt zugeteilt wirdh. Holz 
kennzeichnet in einem Gedicht jede neue Strophe durch Zuführung 
einiger lateinischer Worte (Nr. 34), Sachs durch stets erneuten 
Hinweis auf die (Quelle^). Buch ein ironischer widerruf des 
Gesagten am Ende jedes Gesätzes kann diesem Zwecke dienen'). 
Bei dialogischen Gedichten lag es nahe, die Partner von Strophe 
zu Strophe abwechseln zu lassen '). Die strophische Einheit findet 
sich auch dort gewahrt, wo eine bestimmte Bnzahl von Ein¬ 
heiten zu einem Liede zusammengefaßt wurde: die sieben Herz¬ 
leiden Mariä bei wurgenbock') oder bei Sachs die zehn Gebote, 
die drei Könige, die nie von Gott abfielen, oder auch drei ver- 
schiedne Schwänke, wobei denn zuweilen jede Strophe ihre 
eigne Moral hath. 
häufiger ist aber eine gänzliche Vernachlässigung der Stro¬ 
pheneinheil vor allem Beheim verfährt oft ohne jede Rück¬ 
sicht auf die Zarin, sowohl in Liedern allgemeinen Inhalts) wie 
in politischen und Kirchenliedern^). Hans Zolz (Nr. 12. 23) und 
') Lines der seltenen Leispiele solcher Gliederung s. b. 3 i n g e r l e, 
Sitz.ber. d. wiener Nk. Vd. 37, heft l (1861) S. 365. vorzüglich gegliedert 
ist auch das 2. Gesätz des Liedes „Lob der Nacht" bei G ö r r e s, Volks- u. 
Meisterlieder S. 105 ff.; überhaupt bieten die älteren Lieder der Nolmarer 
h s. wie auch die Lieder Jörg Graffs und die politischen Gedichte Veheims 
mehr Beispiele der Nrt. 
widmann a. a. ffi. S. 39 f,; Goetze Laus. Mag. S. 121 ff. 
') Verl. Hs. 155-157. 
4) in einem Gedicht Hans Sigels bei IVackernagel Vd. 2 Nr. 1306. 
'■’) so Schade a. a. (D. 5. 466 ff.; § oIz Nr. 52. 
c) wackernagel Bd. 2 Nr. 1028. 
") ebenda Vd. 3 Nr. 102; h. Sachs bei Go ez Vd. 2 S. 104ff.; 
Drescher, Stud. II S. 85 ff.; Gött. Hs. bl'—62'; 145—147; 182'—186'; 
211—212. 
*) wh. wa ckernagel.NItd.Lesebuch. 5. klufl. (Basel 1873)5p.l414ff 
Philipp wackernagel vd. 2 Nr. 854—861. 874 f.
	        
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