Full text: Zur Entwicklung und Bedeutung des deutschen Meistergesangs im 15. und 16. Jahrhundert

Die Moral der Geschichte von Ruth läuft darauf hinaus, daß 
es doch möglich sei, daß Schwiegertochter und Schwiegermutter 
friedlich mit einander auskommen^). 
Lin Refrain, der für das Volkslied ja typisch ist, findet sich 
naturgemäß selten. R)ir haben ihn bei ^Zörg Grass in zwei 
Meisterliederm'), bei Hans Sachs in einigen seiner ältesten Rirchen- 
lieber3) und in dem schönen Buhllied Georg hagersh. Bei 
hager (Hr. 4) und WitzstaV) finden wir auch die refrainähnliche 
Wiederholung des letzten Wortes der Strophe mit „ja". Regele 
mäßige Wiederkehr derselben zweiten, fünften und sechsten Zeile 
in jeder Strophe liegt in einem Liede Balten Voigts vor3). 
Während den Meisterliedern ein Schluß nur selten fehlt, 
entbehren die meisten einer besondern Einleitung. Wo eine solche 
vorhanden ist, nennt sie in der Regel einfach die Quelle: die 
Bibel, „pocacius", plutarchh, und sie sucht wohl auch die Ruf- 
merksamkeit durch ein vorangesetztes „hört" zu fesseln. Rber 
es gibt auch Linleitungen, die einen Stollen3), eine Strophe3) 
und gar zwei Strophen^3) einnehmen. Scherzhaften Eingang 
wie auch Schluß hat Sachsens Lied über seine schauspielerische 
Tätigkeit"). — 
I) © ött £7 f. 167—172'. 
*) wackernagel Bb. 3, Nr. 447 f. 
B) Ebenda Nr. 85 f. 
4) Nlema'nia Bb 22, S. 159 ff., Nr. 6. 
-') Schade a. a. (D. S. 454 ff.; so auch in dem Tagelieb des 16. Jahr¬ 
hunderts : Goebeke-Tittmann, Lieberbuch S. 359 ff. 
wackernagel Bb. 3 Nr. 1245. 
T) vor allem bei Sachs: „Lin buch cento novella heist“ (© 0 eheste 
I S. 18), „Her Titus Livius der tut uns sagen“ (e b. S. 57), „Hört, wie 
ich in eim buch gemalet fant“ (e b. S. 146); Ähnliches schon vor Sachs: 
„In einer kronik ich das las“ (Gvebeke-T ittma nn, Lieberbuch 
5. 325), „Uns sagt die gschrift“ (eb. S. 330); „Nun merket jezunt, jung 
und alt“ (c b. 5. 363). 
8) z. B. Schumanns Nachtbüchlein Hrsg. v. Balte, 5lnh. Nr. 5. 
0) puschmans Schulltunst bei Goetze, Laus. Mag. S. 116 f.; ebenso in 
dem Babeliebe, bas dem Liebe von Gengen zugeschrieben wird: Germania. 
5. Zahrg. S. 215, Hrsg, v.tzoltzmann. 
50) Germania a. a. D.; ferner wackernage! Bb. 3 Nr. 1137. 
II) MicheIsi. d. vierteljahrsschr. f. Lit.gesch., 3. Bb. (Weimar 1890) 
S. 43 ff.
	        
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