Full text: Zur Entwicklung und Bedeutung des deutschen Meistergesangs im 15. und 16. Jahrhundert

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700 Zeilen ausgedehnt, während das Lied nur 81 Zeilen 
einnimmt: das Lied beschränkt sich aus die allgemeine Tendenz, 
der Spruch will breiter ausmalen. Lolche Rücksicht auf die Natur 
der Dichtungsgattung ist aber verhältnismäßig selten. Im großen 
und ganzen begnügt sich Hans Lachs damit, die Liedweise nach 
dem Umfange seines Stoffes zu bestimmen oder aber einen Ton 
zu wählen, dessen Namen sich mit dem Inhalt des Gedichts be¬ 
rührt'). Von einer bewußten Ungleichung von Sorm und Inhalt 
oder gar von einer gewollten Dissonanz zwischen beiden zum 
Zwecke scherzhafter Wirkung kann wohl, trotz Goedeke'), keine 
Nede sein, wichtiger ist, daß Hans Lachs von der Zeit ab, da 
er sich auch in seinen Meisterliedern der erzählenden Lchwank- 
dichtung zuwandte, die einfacheren weisen, vor allem die Lpruch- 
weise und den Nosenton, zu bevorzugen beginnt: hierin dürfen 
wir wohl eine freilich nur durch poetischen Instinkt veranlaßte 
Unnäherung des epischen Gehalts an die Zorm des epischen Ueim- 
paars erblicket?). 
was die numerische Stärke der verschiedenen Dichtungs¬ 
gattungen bei Hans Lacks betrifft, so zeigt die diesem Kapitel 
beigegebene Tabelle, daß Lachs mehr als doppelt soviel Meister¬ 
gesänge wie Ueimpaardichtungen verfaßt hat. Bezeichnend ist auch 
die Vorherschaft der weltlichen über die geistlichen Meisterlieder. 
Innerhalb der Lyrik, die von 1526—1556 durchweg überwiegt, 
*) So werden in der Schlangen- und vrachenweise hilprants nur 
Schlangen- und vrachengeschichten erzählt, ohne daß aber alle Vrachener- 
zählungen in einer dieser Weisen gedichtet wären: vgl. G o e tz e 13b. 25 
Nr. 2254. (Ein Gedicht über dreierlei Nasen ist im Nosenton abgefaßt: 
Hertel S. 13 ff., ein Gedicht über Christi Leiden, am Charfreitag 1548 
gedichtet, im passionai des Hans Falz: Gott. Hs. Bl. 136f., ein Gedicht 
über die Läuseplage in Ägypten mit dem Anfang „Als got straft durch 
vii wunder“ in Folzens Strafweise: a.a.G. Bl. 141 f., ein Lied mit dem 
Anfang „Mose kam zum perg sinay“ in der überhohen Bergweise: Bl. 
189 ff., eins über den Hopfen im Bier in der Hopfenweise IN. Vogels: S ch w ä n- 
ke V 706, ein anderes über „die gesamelten engel“ in Hans Vogels 
Cngelweise: G 0 e tz e Bd. 25 Nr. 2148, ein weiteres über die keusche Jung- 
frau Brasilla im Frauen Ehrenton des Ehrenboten: a. a. C>.Nr. 1365, eines 
über den „plutgirig^n Katilina“ in der Blutweise des Hans Falz: a.a.G, 
Nr. 1687 u. s. f. 
Ä) Goedeke-Cittmann. stusro. S. XXXV. 
3) vgl. die Bemerkung über Leheims Buch von den Wienern.
	        
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