Full text: Der Marpinger Prozess vor dem Zuchtpolizeigericht in Saarbrücken

— 93 
Prä s. erklärt, es seien etwa beiliegende Zeitungen nicht Theile der 
Akten, er aber könne sich nicht als Korngenten einer Zeitung betrachten. 
Oberprokurator: „Keine Zeitung hat hier direkt oder mittel¬ 
bar einen Einfluß. Das Gericht urtheilt nur auf Grundlage des münd¬ 
lichen Verfahrens." 
Adv. Simons: „Diese Berichte könnten aber für die ev. Verhand¬ 
lungen der 2. Instanz von der größten Bedeutung sein." 
Präs.: „Auch in 2. Instanz wird nach mündlichen Versa ren g^- 
urtheilt; ich habe es dem Herrn Sekretair untersagt, irgend welchen 
Zeitungsbericht zu der Grundlage Note sommalre zu machen. Ist 
die Sache erschöpft?" 
Es wird in der Vernehmung der Zeugen fortgefahren. Der Gen¬ 
darmerie-Wachtmeister Henschel und der Gendarm M enden sollen 
berichten über die wunderbare Heilung der Zeugin Pfeiffer. Henschel 
hat ein Protokoll darüber eingereicht, woraus hervorgeht, daß an dem 
betreffenden Tage eine große Menschenmenge in Mp. versammelt war 
und die Pfeiffer umringt hatte, um sich zu überzeugen, daß sie jetzt ge¬ 
sund sei; er habe die Versammlung „aufgelöst." Die Pfeiffer habe nur 
erst an den Wänden vorbei und ganz langsam und mit großer An¬ 
strengung durch die Stube gehen können, ihre Gliedmaßen seien sehr 
mager gewesen. Zeuge sagt ferner, er habe eine große Erregung an 
ihr bemerkt, und meint, daß dieselbe vielleicht auf ihre Heilung eing - 
wirkt habe; sie habe ihm erklärt, die inneren Schmerzen seien vorbei; 
vornehme Damen hätten d>e Geheilte geküßt und man hätte dieselbe 
fast verehrt. 
Der folgende Zeuge Menden weiß nicht Erhebliches zu bekunden. 
Es wird hierauf ein Artikel der .Saarztg/ über die angebliche 
.Heilung dreier taubstummen Kinder des Wilh. Geißecker zu 
Heinserather Mühle verlesen; ein ebenfalls zur Verlesung gebrachtes 
Attest des Kreisarztes Katcoisi erklärt, daß die Taubheit noch bestehe 
rwc früher. 
Vcrtheid. Bachem: „Ich konstatire. daß diese Heilung von keinem 
der Beschuldigten behauptet worden ist." 
Dr. Thömes bittet, den Sachverständigen Doinet zu befragen, 
was er unter Wunder verstehe und ob er sein Urtheil auch auf Grund 
des status präsens abgegeben habe. 
Vertheidiger Bachem schließt sich dieser Frage an.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.