78
Brust. Die ganze Gestalt war einem Madonnenbilde ähnlich. Erschreckt
lief ich nach Hause und erzählte es meinen Eltern, die mir nicht glau¬
ben wollten. Als ich einmal vor die Thür trat, kam ein Mädchen und
fragte mich, ob wir etwas gesehen hätten : andern Tages sollten wir
wieder in den Wald gehen und sagen, wir hätten etwas gesehen, uns
die Erscheinung hätte gesagt, es solle eine Kapelle gebaut und gebetet
werden; wir brauchten das nicht umsonst zu thun. Auf die Frage, was
wir bekämen, sagte es: Ja, Ihr kriegt etwas. — Das Mädchen wohnt
am Eulenwalde in Marpingen; es trug eine Jacke."" So sagte Kunz
zu mir. Ich (Zeuge) fragte nun die Margaretha Kunz nochmals unter
den heftigsten Worten, ob das wahr sei, und sie erwiderte: „„So
wahr ist das, was ich Ihnen gesagt, daß, wenn der liebe Herrgott
s.lber vor mir stände, ich so sagen würde."" Tie Kunz erzählte dann
weiter: „„Ich ging zum zweiten Male in den Wald, stellte Fragen, er¬
hielt aber keine Antwort, erzählte aber ganz so, wie mir das Mädchen
gesagt hatte. Am dritten Tage bin ich wieder hingegangen, am 4. noch
einmal, und ani 5. Tage kamen die Soldaten, und da habe ich nichts
mehr gesehen."" — Ich (Zeuge) fragte nun das Kind nochinals: „„Ist
das die reine Wahrheit? Kann ich davon Gebrauch machen, wenn ich
in der Lage bin, mich äußern zu müssen?"" Da sagte Kunz ungefähr
wörtlich: „„Sagen Sie es nur nicht meiner Mutter und dem Pastor
Neureuter, die werden böse."" Am andern Tage fuhr ich mit ihr nach
Marpingen. Als ivic in Urexweiler am Hause des Pastors vorbei¬
fuhren, da (das ist für später iehr wichtig) sagte ich: „Sieh', da habe
ich bereits mehrere Monate gewohnt; da wohnte der Gpmnasialdirektor
Schue bei seinem Sohne, dein Pastor, welcher mir den ersten lateinischen
Unterricht ertheilte." — Der Zeug« berichtet nun, wie sie, er mit
der Margaretha in Marpingen angekommen, wie das Kind von seiner
Mutter und seinen Verwandten begrüßt worden sei, und gesteht, daß
wohl bei dieser Gelegenheit ein heimliches Wort zu dein Kiilde habe
geredet werden können.
Der Hr. Präs. bemerkt, ein erfahrener Untersuchungsrichter würde
das vermieden haben.
Dann berichtete der Zeuge der Mutter, daß sie von ihrer
Tochter getäuscht morden sei. Den Eindruck dieser Mittheilung
schildert der Zeuge wie folgt: Die Mutter gerieth nach dieser Eröffnung
in ein konvulsivisches Zucken, schlug sich an die Stirn und sagte: „„Wenn