Full text: Der Marpinger Prozess vor dem Zuchtpolizeigericht in Saarbrücken

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jedoch nicht als Beschuldigte vorgeladen werden, anderseits können sie 
wohl auch nicht gut als Zeugen vernommen werden wegen der auf ihnen 
lastenden Beschuldigung. Ich für meine Person wünschte, das; die Kinder 
im Interesse der allseitigen Ansklärung vernommen würden." 
Obervrokurator Pa ttberg will nicht direkt aus Grund des § 157 
der Str.-Pr.-Ord. Einspruch gegen die Vernehmung der Kinder erheben, 
obwohl er juristisch die Vernehmung für unzulässig hält. 
Adv. Bachem: „Da? Gericht kann die Vernehmung der Kinder 
gestatten, weil eS ja nicht an eine Beschränkung gebunden ist und die 
Vernehmung aller Perssnen gestatten darf, deren Aussagen zur Beleuch¬ 
tung der Sache dienen, überhaupt Alles anordnen kann, was zur I n- 
sormation irgendwie dienlich erscheint. Die Vertheidigung legt einen 
sehr grossen Werth daraus, daß die Kinder vor dem Gerichte ver¬ 
nommen werden, damit dasselbe den un m ittelbar en Eindruck ihrer 
Aussagen empfange und sich überzeugen könne, das; durch diese Aussagen 
die Beschuldigten sehr wohl veranlaßt werden konnten, den Kindern 
Glauben zu schenken. Das Gericht kann ja auch anordnen, daß zur 
Aufklärung Etwas „„in Augenschein genommen"" werde; nach dieser 
Anal»gie beansprucht die Vertheidigung die Vernehmung der Kinder." 
O b e r p r o k.: „Augenschein" heißt: „Ortsbesichtignng" ; eine solche 
würde die Vernehmung der Kinder nicht sein. 
Der Gerichtshof zieht sich zur Berathung zurück. Nach zehn 
Minuten tritt er wieder in den Saal ein. Der Präsident verkündet 
folgenden Beschluß: 
„In Erwägung, daß einigen Beschuldigten zur Last gelegt 
wird, den Kindern bei dem von ihnen verübten Betruze behülf- 
lich gewesen zu sein, 
daß also die Kinder faktis ch Beschuldigte sind, wenn sie 
auch wegen Strafunmündigkeit nicht verfolgt werden können, 
daß aber Niemand in eigener Sache als Zeuge verhört 
werden kann, 
beschließt das Gericht, die Vernehmung der Kinder abzu¬ 
lehnen."
	        
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