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gen, bafe diese Erscheinungen, wie sie von den Kindern angegeben wor¬
den sind, nach ihrer Meinung eininstruirt und vollständig Machinationen
sind, keineswegs aber Hallucinationen. Die Untersuchung war Anfangs
ja auf diese Punkte gerichtet, und sie mußte das anch sein; der Herr
Untersuchungsrichter hat diese Punkte ausgeräumt, indem er die Akten
nnliheilte und so das Gutachten erstattet wurde, welches heule Morgen
zur Verlesung gelangte.
Wenn also keine Hallucinationen vorlagen, dann fragt es sich:
„Liegen unwahre Thatsachen vor?" Und dabei muß man meines Er¬
achtens zunächst ausgehen, ane dies auch bei der Verhandlung geschehen ist,
vom Begriffe des Wunders, wie er voin Hrn. Präsidenten vorgetragen
und wie er b stätigt ist von Hrn. Domkapitular Arnoldi. Sie haben
von Ihrem Hrn. Präsidenten und bestätigt von de«, Domkapitular er¬
fahren, was unter Wunder im Sinne der katholischen Kirche zu verstehen ist,
daß dieses Gottes würdig und nützlich sein muß. wenn sich auch der
Nutzen nicht gleich zeigt. Was die Gotteswürdigkeit angeht, so
haben Sie in dieser Beziehung von Erscheinungen gehört, die wirklich
meinen Gefühlen nach haarsträubend sind. Wenn die Kinder in ihrem
frommen Glauben glaubten, die Madonna zu sehen, dann war ja da¬
gegen Nichts zu erinnern; wenn aber derartige Erscheinungen gleich von
Hause aus verbunden waren mit G e l d s a m m l u n g, wie uns das im Ein¬
zelnen die Zeugen bekunden, so icheint mir da ein Moment in die Sache
einzutreten, welcher nicht dem Begriffe eines Wunders entspricht. Wenn
nun die Madonna, die hohe Reine, die Jtha, wie alte Evangelien-Har-
monien sich ausdrücken, wunderbar herniedersteigt und weiter Nichts
gesagt wird, als: „Betet und seid fromm!" — was jeder Zeit in der
Kirche und von allen Pfarrern gesagt werden kann, so glaube ich nicht,
daß es dazu einer Erscheinung, eines solchen Wunders bedürfe. Aber
Sie hörten auch, meine Herren, daß noch weiterhin vorgekommen sind
Erscheinungen, welche sich sogar zur Blasphemie steigern, wie das ja
ausgeführt worden ist.
Sic hörten, in welcher Weise der Teufel in dem Hause der Leist
erscheint, wie die Kinder den Teufel mit Stiefeln hinansprügeln, wie sie
vor dem Hause ihn mit wurmstichigen Aepfeln speisen und wie der Teufel
einen zurückgibt und erneu andern fordert, wie wiederum Engel vom Himmel
heruntersteigen; wie in der Lust die Madonna erscheint und wie der
h. Geist sich als Taube über das Haupt des Knübleins Nikolaus Leist