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den Attentäter Kullmann gerichtet war. Dieser Brief war anonym und
enthielt eine Bedrohung des Lebens des Fürsten Bismarck. Und diese
Indizien wiesen wieder nach Speicher hin. Damals ist eine bestimmte
Person in's Auge genommen worden. Gerade um die damalige Zeit
ging Herr v. Hüllessem auch nach Speicher, cs konnte aber nicht kon-
statirt werden, welche Person bei Ney gewesen wir. Es mußte diese
Thatsache für die Untersuchung um so schwerer in's Gewicht fallen, weil
die Elisabeth Flesch, die Blutschwitzerin von Eppelborn, ebenfalls aus
Speicher war, und der hier bestrafte Kaplan Kickerts ebenfalls
längere Zeit in Speicher fungirt hat. Das waren die Gründe, welche
das öffentliche Ministerium veranlaßten, besonders nach Speicher zu
r e ch e r ch i r c n."
Präs.: „Ich kann aus den Akten konstatiren, daß auf Recherchirung
des Speichcrer Händler alle erdenkliche Mühe angewendet worden ist. Denen,
welche die Recherchen gemacht, ist es nicht gelungen, ihn heraus zu finden.
Wir hören vom Ober-Prokur., welch' großes Interesse man daran hatte.
Welche Vermuthungen vorlagen, das sind Dinge, welche unserer heutigen
Untersuchung vollständig fremd sind."
Simons: „M. H., Ich kann die Bemerkung nicht unterdrücken,
daß ich es für mehr als Unrecht halte, daß malt Verdachts-Mo¬
mente hier hineinwa ft, deren absolute Unbegründetheit auf der
Hand liegt, und welche in gar keinem Z usam nren h an g e
mit der heutigen Verhandlung stehe n."
Präs.: „Herr Vertheidiger, ich muß bemerken, daß ich die Sache
so aufgefaßt habe, als wollte der Herr Ober-Prokurator die Gründe
angeben, weßhalb nach dem Händler recherchirt wurde; das ist die
Auffassung, welche ich von der Sache gewonnen. Daß die Dinge nicht
wirklich zur Ermittelung geführt haben, steht fest."
Verth. Simons (äußerst lebhaft): „Ich erwarte, daß der Herr
Oberprokurator die Gründe darlegt, wodurch man vernünftiger
Weise zu der Vermuthung kommen kann, daß das K u l l m a n n' sche
Attentat und die sogenannte Blutschwitzerin Flesch in irgend welcher
Beziehung zu vorliegender Sache stehen. Sollte er das nicht
thun, so wird die Vertheidigung später konstatiren, daß man dies hier
in die Debatte hineingeworfen hat als subjektive Meinung, daß
man dafür nichts Thatsächliches hat vorbringen können.
Ich erwarte also das Thatsächliche vom Herrn Oberprokurator."