Full text: Der Marpinger Prozess vor dem Zuchtpolizeigericht in Saarbrücken

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Zeugin Margaretha Emmerich, Mutter des vorigen Zeugen, 
Schwägerin des Beschuldigten Nikolaus Leist: „Ich war am Maria- 
Himmelfahrtstage 1876 mit meinem Sohne in Marp. auf der Kirmes. 
Zwischen 6 und 7 Uhr Abends gingen wir an die Gnadenstelle; wir 
haben dort still gebetet; da sagte mein Sohn: „„Mutter, da ist die h. 
Mutter Gottes."" — Ich sagte: „„Das sagt man nicht, Du täuschest 
Dich wohl."" Er sagte zu mir: „„Doch, sieh dort hin, dann siehst 
Du sie auch!"" Dann wurde er schwach. — Die Leute wollten mir 
das Kind abnehmen; das lies; ich nicht zu und sagte, das Kind habe sich 
nur erschreckt. Darauf bin ich mit demselben zum Essen gegangen, er 
konnte jedoch Nichts essen." 
Präs : „Hatte er vorher in Marp. gegessen?" 
Z e n g i ii: „Ja." 
Präs.: „Ist der Junge sonst gewohnt, stundenlange Wege zu 
machen? Sein Handwerk bedingt eine anstrengend sitzende Stellung; 
strengt ihn das Laufen nicht sehr an?" 
Zeugin: „Er kann sehr gut zu Fus; gehen. — Die Seilte frugen: 
„„Was ist dem Jungen vorgekommen?"" Ich sagte: „„Nichts."" Ich 
ging nochmals zum Walve, der Junge wollte jedoch nicht mitgehen. 
Als wir zurückkamen, war er in der Kirche. In der Zwischenzeit hatte 
ein mir unbekannter Mann unsern Verwandten in Marp. gesagt, was 
vorgekommen wäre; ich sagte, der Junge könne etwas Anderes gesehen 
und geglaubt haben, die Mutter Gottes gesehen zu haben. Als wir 
später weggingen, sagte ein Mann zu uns, wir mühten zum Pfarrhaus 
gehen; ich antwortete anfangs, wir hätten dort Nichts zu schaffen; doch 
sind wir nachher mit dem Manne zum Psarrhause gegangen, wo einige 
Geistliche waren, welche ihn frugen, was vorgekommen wäre, worauf 
er das Geschehene kurz erzählte. Einer der Herren sagte: „„Bete fleißig, 
dann wirst Du ein gutes .ttind werden."" 
Präs.: „Herr Ober-Prokurator, es ist mir Seitens der Vertheidi¬ 
gung bei Beginn der Sitzung der Wunsch ausgesprochen worden, daß 
Herr Professor Henke als Schutz-Zeuge im Interesse des Hr. Past. Neur. . 
vernommen werde." 
Bachem: „Da ich in der Sache nicht orientirt war, habe ich irr- 
thümlich Pros. Henke angegeben, es muß jedoch Herr Professor Tr. ; 
Scheeben sein." 
Präs.: „Herr Scheeben wird also gleich vernommen werden — z
	        
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