Wie die Geiftlichcn jener Zeit oft mit des Lebens Notdurft zu kämpfen
hatten, zeigt die gereimte Bittfdirift des Pfarrers zu St. Johann und
Rektors des Gymnafiums Johann Ehrhard Rupp an den Fürftcn
Wilhelm Heinrich aus dem Jahre 1744:
„Durdbläuchtftcr Fürft und Herr, vergönne diciem Blatt
Nur einen einz’gcn Blick von Deiner Huld und Gnad'.
Es kommet tief gebückt aus der Lateincrichul'
Und waget lieh getroft zu Deinem Fürftenftuhl.
Es klaget meine Not und, was mein Herze nagt,
Und hofft, dalj Deine Gnad' mir Hilfe nicht vertagt.
Mein Fürft und Herr, fchon mehr als zwanzig Jahr' find hin,
Seitdem in Kirch' und Schul' idi hier in Dienften bin.
Dah ich in beiden hab’ mein Amt, Gebühr und Pflicht,
So, wie es billig ift, getreulich ausgcricht't,
Flaftire ich mir zwar, doch ob ich es gethan,
Das kommt auf anderer und nicht mein Zeugnilj an.
Indellen plagt bis jct?t mich nodr der Schulftaub lehr,
Und dabei häufen lieh die Sorgen mehr und mehr.
Es find der Leute viel, die ich ernähren foil,
Und bei der Mahlzeit ift ein groljcr Tilch ganz voll.
Die zehren wacker d'rauf und fragen nicht dabey,
Ob die Bcfoldung auch bei mir hinreichend fey.
Sechs Söhne habe ich, die wachfen ftark heran.
Und machen, dah ich oft nicht ruhig fchlafen kann.
Zwei Tochter ftellcn lieh als Kinder gleichfalls dar,
Davon die Kleinefte bisher ftets kränklidr war.
Und hat, fo lang fie lebt, bei Tag und auch bei Nacht
Der Unruh' und zugleich der Koften viel gemacht.
Vor die acht Kinder nun und vor mein Eheweib,
Wie auch nicht weniger vor mich und meinen Leib,
Vor Kleider, Speih und Trank, und was man brauchen mag,
Hab' ich fünf Baijcn nur Bcfoldung jeden Tag.
Durchläuchtigftcr, ich weilj, Dein klugheitsvoiler Geift,
Den Hof, den Stadt und Land mit viel Verwund'rung preist,
Fällt ohne allen Zwang dem wahren Zeugnis bey,
Dalj fo viel Geld vor mich ganh nicht hinlänglich fey.
Wenn nun, da lieh das Jahr zu feinem Ende neigt,
Das Stift zu Arnual mir die Bcfoldung reicht,
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