Full text: Geschichte der evangel. Gemeinde Alt-Saarbrücken

Anwefenheit des deutfdren und preuhifchen Kronprinzen Wilhelm, der 
an dem Hauptgottesdicnft in der Ludwigskirdic teilnahm. Der Landrat 
von Miguel hatte das Presbyterium gebeten, für den hohen Gaft den 
Fürftenftuhl frei zu halten. Bei der Ankunft des Kronprinzen erhob 
fich die ganze Gemeinde ehrerbietig und freudig bewegt. Dann ftimmte 
iie das alte Sdiufr- und Truhlicd „Ein' fefte Burg ift unfer Gott“ an. 
Beim Beginn der dritten Strophe „Und wenn die Welt voll Teufel 
war’“ erhob fidi der Kronprinz und dann die ganze Gemeinde, und 
der Choral braufte wie ein Kampf- und Siegeslied durch das weite 
Gotteshaus, das an 2000 Andächtige füllten. Darauf predigte Pfarrer 
Ebeling über Pfalm 91, Vers 1 und 2, „Wer unter dem Sdiirm des 
Höchften sihet und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibet, der 
fpridit zu dem Herrn; Meine Zuverficht und meine Burg, mein Gott, 
auf den ich hoffe.“ Der Prediger führte den Gedanken aus, dalj der 
Krieg fchwere Opfer von dem deutfdien Volke fordern werde, dalj er 
aber im Vertrauen auf Gott als ein Verteidigungskrieg gegen Deutfch- 
lands Feinde geführt werden müffc. Er rief Segenswünfche den aus¬ 
ziehenden Kriegern zu und fpendete Troft den zurückbleibenden Alten, 
Frauen und Kindern. 
Der Wehkrieg hat auch der evangelifchen Gemeinde die ichmcrzlichffen 
Verlufte gebracht. Gleich unter den erften Todesopfern war der Schwieger - 
fohn eines Pfarrers und der Sohn eines Presbyters. Bis zum Anfang März 
1915 waren fchon 25 Offiziere und Soldaten aus der Gemeinde gefallen. 
Der Gefamtverluft der Gemeinde belief fidi auf ungefähr 400 Männer. 
Ihr Andenken foll in der Ludwigskirche in würdiger Weife bewahrt werden. 
Zur Tröftung und Stärkung der Zurückgebliebenen wurden Kriegs- 
andaditen gehalten, die befonders anfangs ftark befudit wurden. Unter 
die bedürftigen Gcmeindeglieder wurden Unterführungen verteilt, Frauen 
und Jungfrauen halfen Tag und Nacht am Bahnhol bei der Ver¬ 
pflegung der durchziehenden Truppen, der Gemeindcpfleger Trojandt 
leitete eine Sanitätskolonne, die fich der verwundeten Krieger annahm; 
in der Nähfchule wurde für die „Feldgrauen“ genäht und gcftrickt; zu 
150
	        
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