Als aber nun die dreihunderljährige Jubelfeier der Reformation heran-
nahte, machte fich der Wunfch geltend, des Haders und Zwiefpalts der
beiden Bekenntniffe zu vergeffen und fidi zu einer Kirche zufammen-
zufchlieljen. Im Auguft 1817 wurde der folgende Aufruf der
lutherifchen und reformierten Pfarrer des Saarbrücker Landes verbreitet:
Aufruf und Ermunterung
an die
evang. lutherifchen u. evang. reformirten Gemeinden
in den Bezirken Saarbrücken und Ottweiler
zur Wiedervereinigung beider Con-
feffionen zu Einer unter
dem Namen
evangelifche Kirche.
Sdion im Frühling dieses Jahres haben sich die evang.-Iutherischen und evang.-
reformirten Geistlichen des Saarbrücker und Ottweiler Bezirks zu einer gemein¬
schaftlichen evangelischen Kreis-Synode vereinigt und dadurch sowohl dem Be¬
dürfnis ihres Geistes und ihres Herzens, als dem Wunsche ihres theuern und
geliebten Königs entsprochen, der aus dieser engen und innigen Vereinigung der
evangelischen Geistlichen den grössten Segen und Gewinn für die Religion selbst-
erwachsen sieht. Allein je näher der feyerliche Tag kommt, den jedes fromme,
evangelische Gemüth mit dem reinsten und wärmsten Dank gegen Gott begehen
wird, der 300jährige Jubiläumstag der Reformation — der Stiftungs- und
Gründungstag der evang. Kirche: desto stärker regt sich auch in den Herzen
der Geistlidren, so wie gewiss in dem Herzen jedes frommen und helldenkenden
Christen der Wunsch und die Sehnsucht, dass dieser Tag uns und ursern
Kindern und Kindeskindern, bis auf die spätesten Nachkommen auch dadurch
denkwürdig und unvergesslich gemacht werde, dass von ihm an aller Unterschied
aufhöre, der die beiden evangel. Kirdren, die Lutherische und Reformirtc, so lange
von einander trennte. Beide stüben ihre Lehren auf das reine Evangelium Jesu
und kennen, ausser diesem, ihrem Gewissen und dem freien Vernunftgebraudr
keine andern Quellen ihres Glaubens, ihrer Liebe und Hoffnung. Was die
beiden Gemeinden bisher trennte, betrifft Namen und Worte, aber nicht die
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