10
Zweiter Ärief.
S. den 1. Dec. 1792.
Ter Abmarsch der Franzosen hat zwar unsere häusliche Ruhe
wieder hergestellt. Aber nach den älteren Vorgängen, wovon Sie
meine vorigen Briefe *) unterrichtet haben, war wohl nichts anderes
zu erwarten als daß diese neue Erscheinung einer àmée républi¬
cain et sansculottide bei unseren Neuerungssüchtigen einige Auf¬
wallungen verursachen würde. Dies geschah, und sie suchten den
Zeitpunkt zu benutzen — allein ohne Erfolg, linb es ist mit Grund
zu hoffen, daß diesen Hydertl der Zwietracht bald alle Köpfe im
figürlichen Sinn — abgeschnitten sein werden.
Zur Vervollständigung unserer Revolutions-Geschichte will
ich Ihnen auch noch diese, Gott gebe! letzten Zuckungen des
Revolutionsfiebers melden. Einige der Révolutions- und anmaß-
lichen Verbesserungsgeister de la baute volée schämten sich nicht
durch Abgesandte die Landleute einladen zu lassen, diesen Zeit¬
punkt zu benutzen und jetzt mit ihnen gemeine Sache zu machen,
um ihre vermeintlichen Gerechtsame zu vindiciren. Allein theils
waren jene Gründe noch immer vorhanden, die schon vorher die
Landleute von dieser Coalition mit den Städten abgehalten hatten,
theils war bereits ein Theil ihrer Beschwerden von dem Landesherrn
abgethan, und theils beruhigten sich dieselben wegen dem Ueberrest
an der landesväterlichen Versicherung, daß auch solcher nach vor¬
gängiger Untersuchung beseitigt werden sollte; und die Bauern
kamen — nicht. Nach diesem fehlgeschlagenen Versuch wurde auf
andere Mittel gedacht. Und das, welches gewählt wurde um die
Partie zu verstärken, kann Ihnen einen Begriff von der Unver¬
schämtheit und zugleich der Hirnlosigkeit unserer Mirabeau's machen.
Denn konnte wohl ein Mensch, dem der Schwindelgeist seine Sinne
nicht zerrüttet hatte, das Projekt fassen und mit Hoffnung eines
*) Diese Briefe, welche die interessante Geschichte der durch die französische
Revolution in Saarbrücken, der Grafschaft Saarwerden und der Herrschaft
Dimeringcn erregten Unruhen und der Reunionsgeschichte der letzteren enthalten,
werde ich vielleicht seiner Zeit auch dem Publikum mittheilen. Ter Vers.