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ihr Leben unter dem Mordeisen verlieren *). Der Meyer Lohmüller
starb unter beständiger Wehklage und Bethenerung seiner Unschuld,
Nickel Huppert**) unter Racherufen über jenes Ankläger und dessen
und seine Mörder. Der Scharfrichter machte sein erstes Probstück
und verlängerte durch Ungeschicklichkeit im Anbinden und Legen
die Agonie der Leidenden. Der Todesstreich giug geschwind von
statten; nur Kinder und Lumpengesindel waren Zuschauer, sonst
alle Fenster und Thüren geschlossen, die Straßen menschenleer.
Ein einziges Frauenzimmer soll die Neugierde aus Fenster getrieben
haben. Nur die Revolutionsarmee ließ bei der Hinrichtung ein
vive la République! hören, kein andrer Soldat stimmte mit ein.
Dies ist die ganze und wahre Geschichte dieses abscheulichen
Justizmordes. Wie es heißt, werden der Hingerichteten Verbrechen
öffentlich bekannt gemacht werden, dann will ich auch Ihnen solche
mittheilen; bis jetzt wissen wir keine. Was wir bei dieser Geschichte
denken, was wir fürchten? können Sie sich wohl vorstellen. Wer
ist seines Lebens sicher, wenn ein Mann wie Ehrmann darüber
pro lubitu disponiren kann. Wahrscheinlich hat derselbe durch
den Brief, welchen ihm die Ordonnanz in des Hosrath Wilkens
Beisein überbrachte, die Durchreise der Guillotine ambulante von
Forbach nach Saargemünd erfahren und hat um seinen andern
Collegen, die als Commissärs der Nat.-Convention in den ver¬
schiedenen Provinzen und Städten Menschenköpfe wie Krautköpfe
abhacken laffen, wenigstens einigermaßen gleich zu thun oder um
sich bei dem Ungeheuer Robertpierre***) in Gunst zu setzen, auch
bei uns ein grand exemple, wie diese Morde im neuen Stil
heißen, geben wollen, und daher mag auch seine Weigerung die
Execution aufzuschieben gekommen sein, weil er nicht glaubte, daß
die Guillotine sich hier aufhalten würde. Allein eine solche Gro߬
that verdient Erholung. Das Commando der Revolutionsarmee
*) Vgl. Beilage B.
**) Der wahrscheinlich jetzt erst die Gewißheit erhielt, daß auch er sterben solle.
***) Dies ist kein Druckfehler in der Vorrede des ersten Bändchens. So
hieß er, als er als Statist nnd in Unterrollen auf dem großen Theater erschien.
Hernach wurde sein Name von den Franzosen in Robespierre verwandelt. Ver¬
muthlich suchte man durch Wegwerfen einiger harter Mitlauter einen Namen,
der so vielen Nacken schwer wurde, wenigstens den Zungen leichter zu machen.