212
konnt geblieben war. Dieser wurde arretirt und gebunden. Das
Wehklagen und Geschrei seiner Frau und Kinder lockte verschiedene
Nachbarn herbei und unter denselben den Gemeindsmann Nickel
Huppert, einen ehrlichen Mann, dem man nichts als eine kleine
Neigung zum Trunk schuld geben konnte. Dieser nahm sich des
von Natur äußerst furchtsamen, durch die unerwartete Arretirung
tödlich erschrockenen und zu aller Vertheidigung unfähigen Meyers
bei dem commandirenden Unteroffizier an, betheuerte ihm dessen
Unschuld, versicherte, daß die ganze Gemeinde morgenden Tages
sich zu dem Repräsentanten begeben und Zeugnis für ihn ablegen
würde, und bat demselben nicht den Schimpf anzuthun ihn nach
Saarbrücken ins Gefängnis zu führen, welches ihn bei seiner
Furchtsamkeit und Unschuld tödlich schrecken, seine Familie aber
untröstlich machen würde.
Der Unteroffizier versetzte darauf mehr im Scherz als Ernst,
daß, da er sich des Meyers so sehr annehme, er ein guter Freund
und also ein Mitschuldiger desselben sein und mit solchem gehen
müßte. Nickel Huppert weigerte sich nicht dagegen, sondern ver¬
sicherte vielmehr, da er von der Unschuld des Meyers überzeugt
sei, er demselben, wohin er gehe, selbst in den Tod folgen wolle.
Beide wurden darauf nach Saarbrücken geführet und in das
zum Gefängnis gebrauchte Kutschenhans, das voller Unrath und
Ungeziefer war, eingesperrt. Am folgenden Morgen kamen nicht
nur des Meyers Frau, sondern alle Gemeinds-Glieder von Güdingen
ohne Ausnahme nach Saarbrücken um sich seiner anzunehmen.
Ein Rechtsgelehrter übernahm aus Menschenliebe das gefährliche
Geschäft ihnen eine Petition an den Repräsentanten aufzusetzen.
In solcher wurde detaillirt, daß der Meyer seit der französischen
Occupation alle ihm zugegangenen Befehle ohne Widerrede befolgt
habe. Es wurde vorgestellt, daß, da er sich feiner Unschuld be¬
wußt, er nur fälschlich und aus boshafter Absicht von seinen
Feinden, deren er wie jeder Mensch habe, angezeigt worden sein
könne; es wurde gebeten, ihm die Anklage zu communiciren, ihm
eine Verantwortung zu erlauben, ihn mit seinen Anklägern zu con-
frontiren, und man ging sogar so weit den neufränkischen neuen
moänm procedendi einzuschlagen, nämlich die negativam zu be¬