71
wegen trauriger Zustände im 15. Jahrh. nach Böhmen aus-
wunderten und den Ort mit der Kirche, die auf dem Kirch¬
hofe stand, verfallen Hessen. Curay ist als Vorstadt der
Kreisstadt
Zell (r.) [Cella in Hammone] anzusehen. Mit „Hamm“
bezeichnete man früher den herrlichen Moselbogen, an dessen
äusserster Krümmung die Stadt in stiller Abgeschiedenheit
von der Bahn und der Heerstrasse liegt. Anlegestelle der
Dampfboote und Agentur. Gasth. Fier (20 Betten, N. u.
F. 2,25 M., M. 2 M, P. 4,50 M.), mit hübscher Weinlaube
nach dem Flusse hin; der Besitzer zeigt einige sehr alte
Urkunden von Kaiser Friedrich I., Konrad und Eudolf, sowie
einige päpstliche Bullen. Omnibus zu jedem Zuge nach
Bullay, J/4 Std. Gasth. Franz Münster; Kaiserhof bei Bertram ;
yac. Breuer.
Zell hat 2575 Einw., die zum Teil aus dem Weinbau
und dem Weinhandei, sowie durch Schaumwein- und Cigarren¬
fabriken ihren Unterhalt gewinnen. Der bevorzugten Lage,
der Euhe und des milden Klimas wegen eignet sich die Stadt
besonders zur Sommerfrische. Die nächsten Abhänge tragen
Beben; dahinter breitet sich ein Gemeindewald von 1946ha
aus, in welchen, wie in die reizenden Seitenthäler, anmutige
Spaziergänge führen. Infolge des grossen Brandes i. J. 1857
hat die Stadt eine Eeihe schöner Häuser erhalten, besonders
an der Wasserseite. Zierden des Ortes sind das Eathaus und
das Kreishaus. Das 1543 erbaute, ehemalige kurfürstliche
Schloss bietet manche Sehenswürdigkeit. Von der alten Be¬
festigung aus dem 13. Jahrh. stehen noch einige Beste.
Zu Anfang des 13. Jahrh. war Zell noch ein Dorf, 1314 wurde
der Ort nebst dem ganzen Hamm von einer fürchterlichen Hungersnot
heimgesucht. In dem Kampfe des Trierischen Kurfürsten gegen Franz
von Sickingen bildeten 60 Zeller Bürger die Vorhut und erwarben
solchen Ruhm der Tapferkeit, dass man seit jener Zeit sagt: »He
stait ferme wie ’n Geller us ’m Hamm«.
In der Umgebung von Zell viele lohnende Punkte, so das
Tempeichen auf dem Curayer Berge, 438 m, ferner der »Hoch
Collis«, 160 m, mit Schutehütte und die Briedeler Höhe,
wohin der Verein für Hochwald und Hunsrück einen bequemen Weg
durch den Wald hat anlegen lassen. Lohnend ist auch der Ansteig
zum Barl, oberhalb Kaimts; auf der Höhe Reste eines Ring¬
walls prächtiger Rundblick. Zur Marienburg gelangt man in
1!i Std. — Wer von Zell einen Ausflug auf den Hunsrück machen will,
dem sind Castellau □, 26 km, und Kirn, 48 km, zu empfehlen ;
beide Orte haben mit Zell Postverbindung.
Über die Briedeler Höhe erreicht man, einen grossen Mosel¬
bogen abschneidend, Enkirch, 3 km; unterwegs von den Höhen
wundervolle Rückblicke auf Zell und die Marienburg, sowie auf den
Hunsrück und die Eifel — Moselabwärts sind von Zell Beil.stein
und Treis aufzusuchen.