Nr. 3.
Note der alliierten und assoziierten Mächte vom 24. Mai 1919
über das Saargebiet. (Übersetzung.)
Friedenskonferenz.
Der Präsident.
Paris, den 24. Mai 1919.
Herr Präsident!
Ich habe die Ehre, Ihnen den Empfang Ihrer Schreiben vom
13. und 16. Mai 1919 zu bestätigen. Da sie denselben Gegen¬
stand betreffen, so habe ich es für gut gehalten, nur eine einzige
Antwort darauf zu erteilen.
Mit Beziehung auf die in Ihrem ersten Schreiben enthaltene
allgemeine Bemerkung stelle ich im Namen der alliierten und
assoziierten Regierungen ausdrücklich in Abrede, daß in dem
Friedensvertrag „die deutschen Gebiete“, wie Sie es zu ver¬
stehen geben wollen, „der Gegenstand von Schachergeschäften
von einer Staatsgewalt zur anderen seien, ganz, als seien sie
Steine in einem Spiel“. Tatsächlich werden die Wünsche der
Bevölkerung aller der ins Auge gefaßten Gebiete berücksichtigt
werden, und die näheren Ausführungsbestimmungen dieser
Volksbefragungen sind im Hinblick auf die örtlichen Verhält¬
nisse sorgfältig festgelegt worden.
Hinsichtlich der Bewohner des Saarbeckens ist die „Herr¬
schaft“, die in Ihrem Schreiben als „gehässig“ bezeichnet wird,
die Verwaltung des Völkerbundes. Die Regierungsform, wie
sie im Abschnitt IV des Vertrags beschrieben wird, ist sorg¬
fältig ausgearbeitet worden, nicht nur in der Absicht, eine Ent¬
schädigung für die Zerstörung der Kohlenbergwerke in Nord¬
frankreich zu finden, sondern auch, um die Rechte und das
Wohlergehen der Bevölkerung sicherzustellen. Der Vertrag
sichert den Einwohnern die Aufrechterhaltung aller ihrer ge¬
genwärtigen Freiheiten zu und verbürgt ihnen auf fiskalischem
und sozialem Gebiet eine Reihe von Sondervorteilen; überdies
sieht er nach einer 15 jährigen Frist eine Volksabstimmung vor,
die dieser Bevölkerung von so zusammengesetzter Art erlauben
wird, in voller Freiheit und nicht notwendigerweise zum Vor¬
teil Frankreichs oder Deutschlands die endgültige Rechtsord¬
nung für das Gebiet, in dem sie lebt, zu bestimmen.
Da der größte Teil Ihrer beiden Noten der Rechtsordnung
für das Saarbecken gewidmet ist, so muß ich erklären, daß die
alliierten und assoziierten Regierungen diese besondere Form
der Reparation gewählt haben, weil sie der Meinung gewesen
sind, die Zerstörung der Bergwerke in Nordfrankreich sei eine
Handlung von solcher Art gewesen, daß eine besondere und
exemplarische Reparation gefordert werden müsse; die einfache
Lieferung einer bestimmten oder unbestimmten Menge Kohlen
kann diese nicht ersetzen. Der Entwurf in seinen allgemeinen
Linien muß also aufrechterhalten bleiben; die alliierten und
assoziierten Mächte sind nicht geneigt, einen anderen ins Auge
zu fassen.
Aus diesem Grunde kann die Anregung in Ihrem ersten
Schreiben über die verschiedenen Mittel, dem Kohlenmangel
abzuhelfen, die Sie in der Anlage zu Ihrem zweiten Briefe mit
27