Full text: Die Entstehungsgeschichte des Saarstatuts

waltungskörperschaften zu bilden, die sie für nötig hält. Be¬ 
sonders hat sie die volle Kontrolle über die Verwaltung der 
Eisenbahnen und Kanäle. Die Entscheidung erfolgt durch Mehr¬ 
heitsbeschluß. 
Die Nutznießung des Eigentums, welches im Saargebiet der 
deutschen Reichsregierung oder einem deutschen Staate gehörte, 
geht über in die Verwaltung des Saargebietes gegen eine an¬ 
gemessene Entschädigung. 
ö. Das Saargebiet soll regiert werden entsprechend den 
Artikeln der Anlage I in Übereinstimmung mit den bestehenden 
Gesetzen; notwendige Abänderungen, ob aus allgemeinen Grün¬ 
den oder aber um die besagten Gesetze mit den genannten 
Artikeln in Übereinstimmung zu bringen, werden beschlossen 
und durchgeführt nach Befragung der örtlichen Vertreter in 
der Art, wie die Kommission es bestimmt. Kein Gesetz oder 
Gesetzesänderung aber kann die Artikel der Anlage I ändern 
oder einschränken. 
7. Die örtlichen Zivil- und Strafgerichte des Saargebietes 
bestehen weiter. Ein Zivil- und Strafgerichtshof wird von der 
Regierungskommission eingesetzt als Berufungsinstanz gegen 
die Entscheidungen der genannten örtlichen Gerichte und um 
Sachgebiete zu entscheiden, die von den örtlichen Gerichten 
nicht entschieden werden können. Die Regierungskommission 
bestimmt die Zuständigkeit dieser letztgenannten Gerichts¬ 
barkeit. 
8. Nur die Regierungskommission hat die Befugnis, Steuern 
im Saargebiet zu erheben; diese Steuern werden ausschließlich 
für die Bedürfnisse des Saargebietes verwandt. Das gegen¬ 
wärtige Steuersystem bleibt soweit wie möglich bestehen. 
Keine neue Steuer darf auferlegt werden ohne Befragung der 
gewählten Vertreter des Saargebiets. 
9. Die Bewohner behalten ihre gegenwärtige Nationalität; 
aber kein Hindernis soll denen in den Weg gelegt werden, die 
eine andere Nationalität zu erwerben wünschen. Sie behalten 
unter der Kontrolle der Regierungskommission ihre örtlichen 
Vertretungen, ihre religiösen Freiheiten, ihre Schulen, ihre 
Sprache. Das Wahlrecht für die örtlichen Vertretungen besitzt 
ohne Unterschied des Geschlechts jeder Bewohner, der über 
21 Jahre alt ist. Andererseits besteht kein Wahlrecht für eine 
Vertretung im Reichstag, im preußischen oder bayrischen Land¬ 
tag, oder in der französischen Kammer. 
10. Diejenigen Einwohner, welche das Saargebiet verlassen 
wollen, haben jede Möglichkeit, ihren Grundbesitz zu behalten 
oder ihn zu einem angemessenen Preise zu verkaufen und die 
bewegliche Habe mitzunehmen. 
11. Wehrpflicht oder Freiwilligensystem oder Befestigungen 
gibt es nicht. Nur eine örtliche Gendarmerie für die Aufrecht¬ 
erhaltung der Ordnung wird eingerichtet. 
12. Die Regierungskommission besitzt das Recht, unter Be¬ 
dingungen, die sie bestimmt, die Vertretung der Interessen der 
Saarbewohner nach außen zu übernehmen. 
13. Die Regierungskommission hat das Recht, alle Fragen zu 
entscheiden, die sich bezüglich der Auslegung dieser Artikel 
erheben. 
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