XI. Schluß.
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Probleme in bezug auf das leb, in Sonderheit das Freiheits* *
problem.
Doch endet hier die Aufgabe dieser Schrift und es mögen
uns an dieser Stelle über das Problem Freiheit nur die folgen¬
den kurzen Worte erlaubt sein:
Im Rahmen des eigentlichen Ich habe tritt, wie wir schon
sagten1), für das Haben die Frage nach Freiheit gar nicht
auf, weil gar kein Werden in Frage steht, die Freiheitsfrage
sich aber ausdrücklich auf das Bestimmtsein oder Unbestimmt¬
sein des Werdens bezieht. Erst mein Selbst hatte ja zu ver¬
schiedenen Punkten der Zeit Verschiedenes, und erst meine
Seele wird. Im Sinne der Psychologie als einer Ordnungs-
wissenschaft nun ist selbstverständlich das Werden der Seele
eindeutig bestimmt, „determiniert“, und zwar sowohl im Sinne
eines Erfolgens der Tat aus dem Willen, wie auch ira Sinne
eines Bedingtseins des Willenserlebnisses selbst durch anderes.
Denn Ordnungslehre treiben heißt unter den Gesichtspunkt
der Bestimmtheit stellen im Sinne postulatorischen Setzens.
Anders aber, wenn Metaphysik zugelassen ist: Dann ist zu
prüfen, aus welchen und ob aus allen Gebieten des Erfahrungs¬
oder Ordnungswissens Kausalität in den Bereich des wirklichen
Seins übertragen werden darf, und da wird dann Freiheit
Problem — vielleicht ein unlösbares2). Aber Ich wäre auch
dann nicht „frei“, (freilich auch nicht „unfrei“), wenn die
Frage nach Freiheit oder Bestimmtheit metaphysisch zugunsten
der Freiheit entschieden wäre — nur „meine Seele“ wäre
dann frei.
In sittlicher Hinsicht aber muß ich nicht nur meine
Seele, sondern auch mein Selbst, d h. mein erweitertes Ich,
•) b. o7s. 127.
*) Vgl. Wirkliehkeitslehre S 106 ff. und meine Erörterungen der
Kantiachen Freiheitslehre in KanUludien, 22, S. 114 ff. und in der
kleinen Schrift Das Problem der Freiheit, 1917.
Drieach, Wissen und Denken.
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