Full text: Wissen und Denken

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XI. Schluß. 
nicht der Zahl 1 im Gegensatz zu anderen Zahlen zugeordnet; 
Zahlen sind ja erst Ordnungsbedeutungen am Etwas, — 
Ich habe es im Eingang, wie ein persönliches Bekenntnis, 
ausgesprochen, daß auf mich die Einsicht in das bloß 
habende Wesen des eigentlichen Ich eine Art erschütternder, 
umwälzender Wirkung gehabt habe, mehr als die schon oft 
in verschiedenen Formen ausgesprochene Einsicht in das 
Ganz-auf-sich-allein-Gestelltsein des eigentlichen ursprüng¬ 
lichen Ich. Descartes hat die Einsicht in das Nicht-Tun 
des Ich nicht, so klar er sich sonst über das Unbezweifelbare 
ist; sein cogitare bedeutet Etwas, daß wir teilweise dem Selbst, 
teilweise der Seele zuschreiben würden. Aber die das Werden 
auf stete Neuschöpfung zurückführenden Okkasionalisten, vor 
allem Geulincx, haben wohl das Nichts-tun des Ich gesehen, 
sich diese schlichte Einsicht dann freilich voreilig dogmatisch¬ 
metaphysisch verdorben. 
Es bleibt also dabei: nudus sum huius tnundi contem- 
plator; spectator sum in hac scena, non actor ‘), wenigstens 
wenn sich das „scena“ auf das eigentliche Ich bezieht; und 
sogar, daß mein Selbst in der Vergangenheit wußte, ist für 
Ich ein bloß Gehabtes, Geschautes, das nicht in der Zeit steht. 
Freilich: Ich darf und muß nun, zunächst nur im Sinne 
der ordnungshaften Psychologie, das Ich zum mein Seihst er¬ 
weitern und ihm dann in meiner Seele sozusagen eine Grund¬ 
lage geben. Und ich darf meiner Seele sogar einen Bestandteil 
des Wirklichen bedeuten lassen. Damit bleibe Ich als eigent¬ 
lich Bewußter freilich der schlichte Habende, aber ich habe 
nun doch ausdrücklich etwas, was mehr als Ich ist und 
doch in ganz pusdrücklicher Beziehung zu Ich steht. 
Damit aber erwachsen alle die alten, immer wieder behandelten 
*) Geulincx, Ethica, Ausgabe I. P. N. Land, S. 35.
	        
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