2. Die Lehre der Schule.
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Bei dem Versuche, das mit den Worten Urteilen und Schließen
Gemeinte klar zu erfassen, ist es gewesen, daß1 mir die Einsicht in das,
bildlich gesprochen, statische, nicht dynamische, Wesen des bewußten
Ich gekommen ist.
Und erst, als mir selbst die neue Einsicht gegeben war, war ich
imstande, sie bei anderen1), zumal bei Hart mann*), aber auch bei
Rehmke, Volkelt, Husserl und den Denkpsychologen, ganz
klar zu sehen, also Vorgänger als solche voll zu erkennen und zu
würdigen; Vorgänger freilich, von denen jeder vom anderen unabhängig
gewesen war, und welche auch meine Vorgänger nur im Ergebnis, nicht
im Wege des Forschens gewesen waren.
2. Die Lehre der Schule.
Daß Denken eine ich-erlebte Tätigkeit sei, hat in der
Philosophie stets als Selbstverständlichkeit gegolten und gilt
zumal Kant und seinen Anhängern als Selbstverständlichkeit.
Denken gilt als „Aktivität“, als „Spontaneität“, als „Hand¬
lung“; und ich weiß angeblich um mein spontanes Handeln.
Das „Vermögen“ zum Denken heißt „Verstand“; dieses
Vermögen als Vermögen freilich ist nichts Bewußtes — (auf
diesen Punkt kommen wir alsbald zurück); das aktuelle
Denken aber ist nach der herrschenden Ansicht ein bewußtes
Trennen und Verbinden von Begriffen, kurz Urteilen im Sinne
eines bewußten Tuns. Das Gegenstück zum Verstandes¬
vermögen ist das „Sinnlichkeits“vermögen; es ist das Ver¬
mögen zur „Rezeptivität“, zum Erleiden. Hier kommt ein
x) Die Übereinstimmung geht vornehmlich auf die Ablehnung des
Ich-tätigseins. Im übrigen gehe ich, wie das nicht anders sein kann,
bald mit den hier genannten Denkern, bald gegen sie. Ich erwähne
nur einiges; Mit Hartmann, gegen Rehmke rede ich von unbewußt-
Psychiachem; viel schärfer als beide scheide ich Ich und Seele. Mit
Volkelt allein verbindet mich der Ausgang von dem, was ich „metho¬
dischen Solipsismus“ nenne. Über meine Stellung zu Husserl ist
im Text verschiedentlich geredet, ebenso über meine Stellung zu
Rehmke. Auch die Ordnungslehre und die Wirklichkeitslehre sind hier
zu vergleichen.
J) Wer sich in Kürze über Hartmanlas Lehre unterrichten will,
lese seinen Grundriß der Psychologie (1908).
1*