2 I. Einleitung.
zu den Ergebnissen anderer Denker oder Abweichung von
ihren Lehren besteht.
Die Frage nun, welche diese Schrift untersuchen will,
läßt sich in die Worte fassen, „Was heißt Wissen?“, oder
auch „Was heißt Berthen (und Wollen)?“ Oder, besser viel¬
leicht: „Was heißt Ich weiß Etwas, Ich denke, {Ich will)?“
Was meine ich eigentlich, das will dies« Schrift untersuchen,
wenn ich die Worte weiß, denke, [will) irgendwann verwende?
Das Ergebnis der Untersuchung aber wird von der Art
sein, daß es dem Leser eine gewisse geistige Erschütterung
bringt und zuerst auf seinen, gleichsam instinktiven, Wider¬
spruch und Widerstand stößt; wenigstens dann, wenn er es
nicht etwa schon selbst gefunden hat oder doch auf dem
Wege war, es zu finden. Jedenfalls muß ich selbst offen be-
. kennen, daß dieses Ergebnis, als ich selbst es fand, in mir
etwaä erzeugt hat, was ich eine geistige Erschütterung oder
Verblüffung nennen möchte.
Es gibt gar kein Denken (und Wollen) als einen
bewußt erlebten Vorgang; es gibt nur Wissen als
Besitzen, als Haben, oder wenn man will, als
„Schauen“ — das wird das wesentlichste Ergebnis unserer
Untersuchung sein. Dieses Ergebnis zu erarbeiten, ist ihr
eigentlicher Zweck; was sie sonst noch behandelt, ist, für
sich genommen, gewiß von Bedeutsamkeit, soll aber ausdrück¬
lich hinter ihre Grundabsicht zurücktreten.
Zum Beschlüsse dieser Einleitung bemerke ich für Kenner meiner
früheren philosophischen Werke, insonderheit der Ordnungslehre, noch
dieses: Ich selbst erfaßte die Wahrheit vom blos habenden Wesen des
Ich im Verlaufe der Ausarbeitung meiner Ordnungslehre-, ich merkte
mit einem Schlage, daß ich ja von dieser Wahrheit in Einzelheiten
Gebrauch gemacht hatte, ohne klar darum zu wissen; und ich arbeitete
alsdann gewisse Abschnitte des ersten Drittels meines Werkes ent¬
sprechend der gewonnenen grundlegenden Einsicht um. Gänzlich sind
aber gewisse Anklänge an die herrschende Meinung aus der Ordnungs¬
lehre nicht geschwunden.