108 VII. Die „Wahrheit“ und ihre Kriterien.
„das Bewußtsein“ soll so ein endgültiger Satz „gelten“; gut;
aber was weiß ich im Anfänge des Philosophierens von diesem
„Bewußtsein überhaupt“, abgesehen von meinem schlichten
JcÄ-befinden? Nichts.
Daß Wahrheit „sich selbst garantiere“, ist nur ein tönen¬
des, aber recht leeres Wort für den schlichten Sachverhalt:
Ich befinde als endgültig. Daß der schlichte Solipsist ein
„Skeptiker“ sei, daß der Skeptiker aber sich selbst widerlege,
wenn er sage: „Es gibt keine Wahrheit“, weil er doch diesen
seinen Satz für „wahr“ ausgebe, diese beliebte Rede ist ein
leeres Wortspiel. Für den Solipsisten heißt ja doch „Es ist
wahr, daß es keine Wahrheit gibt“ nichts anderes als dieses:
Ich befinde als wahr (— endgültig), daß (absolute) Wahrheit
nicht erreichbar ist. Die Worte „wahr“ und „Wahrheit“
bedeuten also in den beiden Teilen des Satzes Verschiedenes.
Wir wiederholen übrigens an dieser Stelle noch einmal
unseren an früherer Stelle (S. 32) über allen Begriffs-,,Realis¬
mus“ aufgestellten Satz, daß der Schein eines „Seins“ rein
ordnungshafter Bedeutungen und Bedeutungskomplexe dadurch
zustande kommt, daß ich sie, wenn immer ich sie schon
einmal geschaut habe, des weiteren als erledigte und
identische schaue, daß sie „bekannt“ sind.
4. Richtigkeit. Abweisung des Platonismns.
Das „Gelten“.
a) Von Richtigkeit reden wir bei Setzungen, welche
die mittelbaren Gegenstände aus den Reichen des Naturwirk¬
lichen und des Seelenwirklichen betreffen, und zwar dann,
wenn solche Setzungen, abgesehen von ihrer Widerspruchs-
losigkeit in sich und ihrer größtmöglichen Einfachheit1), sich
*) Einfachheit oder „Setzungssparsamkeit“ garantiert zwar nicht
immer, aber doch meist Richtigkeit und darf daher in ihre Kenn¬
zeichnung aufgenommen werden.