Full text: Die Krise des Idealismus

zugänglicher Kräfte wirksam war. Aber die Gewi߬ 
heit von der Existenz eines einheitlichen und im 
Grunde harmonisch geformten Kosmos wurde da¬ 
durch nicht erschüttert, jene Gewißheit, die durch 
die idealistische Vernunftphilosophie begründet wor¬ 
den war und genährt wurde. Die Vertreter des Idea¬ 
lismus forderten nichts weiter als die Erhebung zu 
einer universalphilosophischen Betrachtung und 
Würdigung der Erscheinungen. Alsdann würde sich 
sofort die Unabweisbarkeit jener harmonistisch-idea- 
listischen Überzeugung ergeben. 
Zur Verdrängung oder wenigstens zur Zurück- 
drängung dieser idealistischen Vernunftauffassung der 
Wirklichkeit bedurfte es der Wucht außerordentlicher 
Erfahrungen und neuartiger Erkenntnisse in allen 
Bereichen der Forschung. Wohl sämtliche Wissens¬ 
richtungen haben zu dieser Wandlung beigetragen. 
Auf der Seite der Naturwissenschaften vermittelten 
vor allem die Leistungen der biologischen Entwick¬ 
lungslehre einen Einblick in die selbständige Gewalt 
der Naturtriebe, die sich nicht so einfach einem ein¬ 
heitlichen Vernunftgesetz unterwerfen zu lassen 
scheinen. Den Naturwissenschaften schlossen sich die- 
Psychologie und weiter auf der Seite der Geisteswis¬ 
senschaften eigentlich sämtliche Erkenntuisrichtun- 
gen an. Sie alle öffneten uns den Blick für die gren¬ 
zenlose und unabsehbare Fülle irrationaler und indi¬ 
vidueller Tendenzen und Gestalten, in denen die 
Wirklichkeit sich ausbreitet. Was haben in dieser 
Hinsicht die Erforschungen des religiösen Lebens, sei¬ 
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