sehen Aufgabe oder Idee einerseits und Gegebenheit
oder Tatsache andererseits.
Die Wissenschaften unserer Zeit und die ihr zur ge¬
danklichen und zur moralischen Voraussetzung die¬
nende Gesinnung sind in einem eigentümlicheren Sinne
von dem Willen beseelt, der Wirklichkeit restlos hab¬
haft und gerecht zu werden und zu uneingeschränk¬
ter Herrschaft über sie zu gelangen, als das zur Zeit
ihrer Entstehung im 17. und 18. Jahrhundert der Fall
war. Zwar zeigte sich auch damals die Wissenschaft
von einem intensiven Wirklichkeitsdrang erfüllt. Aber
sie verwendete zur Erreichung ihrer Absicht das Kon¬
struktionsmittel der Mathematik, das, erwachsen aus
einer Beziehung zu dem mathematisierenden Geiste
des platonischen bzw. platonisierenden Idealismus,
die Forschung doch nicht ganz unmittelbar an den
konkreten Stoff der Erfahrung herankommen ließ.
Aus dieser mathematisch-idealistischen Geisteshaltung
ging die Überzeugung von einem harmonischen, ein¬
heitlichen, bei allen irrationalistischen Schwankungen
im einzelnen dennoch vernünftigen Aufbau der Welt
hervor. Und sie behielt und bekundete ihre
Macht sowohl für das Gebiet der Philosophie als auch
für das der Einzelwissenschaften noch über den Tod
Hegels (1831) hinaus. Vorstöße etwa von der Seile
der Mystik, des Pietismus, der Romantik, der Gefühls¬
philosophie vermochten an diesem Zustand prinzi¬
piell nichts zu andern. Zwar handelte es sich hier
um solche Lebens- und Erlebniskreise, in denen das
Bewußtsein oder wenigstens eine Ahnung von dem
Walten unheimlicher und der Vemunftformung un¬
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