Sofort aber erhebt sich ein gewichtiges Bedenken
gegen eine solche idealistische und apriorische Fest¬
legung der Wissenschaft. Und indem es zum Aus¬
druck gebracht wird, nähert sich jetzt auch von der
Seite der konkreten wissenschaftlichen Forschung
eine Krise für den Idealismus und für die von ihm
vertretene und geforderte Einheit und Einheitlichkeit
eben dieser Forschung. In dem Verhältnis zwischen
den Einzelwissenschaften und dem Idealismus wirkt
sich nämlich eine sehr eigentümliche und schwere
Dialektik aus. Sie erleuchtet die zwischen ihnen ob¬
waltende Polarität und Spannung, die ebensowohl
ähr Aufeinanderangewiesensein als auch ihre unauf-
hehbare Gegensätzlichkeit erklärlich macht. Worin
besteht sie?
Die wissenschaftliche Forschung, ganz gleich wel¬
chem Gegenstandsgebiet sie zugewendet sein mag, un¬
tersteht einer streng einheitlichen Logik und logi¬
schen Einheit. Wir fassen diese Einheit als die für
die ganze wissenschaftliche Arbeit in allen ihren
Spielarten maßgebende Idee der Wahrheit. Das ist
die eine Seite der Sache. In anderer Hinsicht jedoch
muß diese Arbeit die ungeheuere Vielheit und Ver¬
schiedenartigkeit der einzelnen Bereiche der Wirk¬
lichkeit genau berücksichtigen, wenn sie nicht einem
leeren Formalismus verfallen will. Gewiß weist auch
der Formalismus gar nicht unbeträchtliche Vorzüge
auf. Durch ihn erhält und behält jene Arbeit ihre
logische Sicherung und Sicherheit. Die Sehnsucht
nach dieser Sicherung und Sicherheit bildet ein
Hauptmotiv für die Vorliebe, die von bestimmten
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