Konsequenzen inbezug auf die nie erreichbare Ein¬
heitlichkeit der Philosophie gezogen werden müssen.
Zweitens entstammt jener zwischen den verschieden¬
artigen Bedingungen und Absichten der Philosophie
herrschenden Spannung die weitere eindrucksvolle
Dialektik, die sich in der geschichtlichen Entwicke¬
lung der Philosophie in so auffallender Weise bemerk¬
bar macht. Denn diese Entwickelung weist keines¬
wegs jene verhältnismäßig starke Geradlinigkeit auf,
die sich in der Geschichte der Einzelwissenschaften
zeigt. Dort treten Sprünge, beinahe Brüche auf.
Die Geschichte der positiven Wissenschaften ist von
revolutionären Zuckungen und von der Bedrohung
durch den Ausbruch umstürzender Krisen doch etwas
unabhängiger als diejenige der Philosophie. Eigent¬
lich bedeutet jedes große System der Philosophie so¬
wohl eine „Revolution der Denkungsart1* (Kant) als
auch eine Revolution in den bisherigen Ansichten und
in den bis dahin gültigen Gehalten der Erkenntnis
Und nicht zuletzt besitzt es gerade in dieser revolu¬
tionären Kraft, die nicht nur die philosophiege¬
schichtliche, sondern auch die allgemeine Kultur
und die geistesgcschichtliche Entwicklung in die Si¬
tuation der Krise zu führen pflegt, einen einleuchten¬
den Ausweis für seine geschichtliche und sachliche
Bedeutung. Ohne revolutionäre Kraft gibt es kein
fruchtbares Philosophieren, wie ohne sie auch kein
fruchtbares Geistesleben möglich ist.
Würden sich die philosophische Arbeit und die
Entwicklung der Philosophie im reinen Äther des
Logos vollziehen, wie es von beachtenswerten Vertre¬
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