minderte Wahrheit, auf die da» menschlich-ge¬
schichtliche Dasein wieder gestellt werden sollen.
Mit dieser Behauptung vollziehen wir lediglich eine
Feststellung. Wir beleuchten nur eine in der Ge¬
schichte sich unzählige Male bekundende Macht und
Tendenz. Aber wir enthalten uns vorerst noch jeder
kritischen Stellungnahme. Im Augenblick fragen wir
noch nicht nach der Realität und nach der Wahrheit
dieser Macht und Tendenz selber. Wir widmen uns
hier nicht der schweren und bitteren Überlegung, wie¬
viele Selbsttäuschungen, wieviele wilde und unklare
Absichten, wieviele rücksichtslose Bestrebungen in
jene zur Krisis treibende revolutionäre Einstellung
und Tätigkeit mitverwoben sind, wieviele und welche
Naivitäten oder wieviele und welche feinen oder gro¬
ben, schlauen oder plumpen Durchtriebenheiten und
Gewaltsamkeiten und welche einfach neuerungsgieri¬
gen Herrschsüchte zu den Voraussetzungen der ge¬
schichtlichen Krisen gehören.
Doch selbst bei der Wirksamkeit derartiger Mo¬
tive fehlt den geschichtlichen Krisen nicht der Cha¬
rakter der Notwendigkeit und der Unwiderstehlich¬
keit. Denn auch in jenen Beweggründen gelangen
emotionale Grundkräfte und ganz menschliche Wil¬
lensrichtungen zur Geltung. In ihnen kommt nicht
bloß der gewaltige Drang zu einer Erneuerung des
Lebens und der nicht weniger gewaltige Drang zu
einer Abwehr des Überlieferten, das den Menschen
mit einer brennenden Langeweile erfüllt und die Emp¬
findung des Widerwillens erweckt, zum Ausdruck, in
der tiefsten Schicht ihres Wesens arbeitet der ewi¬
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